Ionosphäre vs Frequenzen

Allgemeine Fragen zu GPS und verwandten Themen

Moderator: Roland

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neesl

Ionosphäre vs Frequenzen

Beitrag von neesl » 25.09.2007 - 13:11

Hallo,


ich habe eine kleine, aber (mir) wichtige Frage:

Überall ist zu lesen, daß elektromagnetische Wellen beim Durchqueren der Ionosphäre umgekehrt proportional zum Quadrat ihrer Frequenz verlangsamt werden. Also je höher die Frequenz, desto geringer die Verlangsamung.

Aber: Warum ist das eigentlich so? Und warum genau wählt(e) man für GPS-Signale gerade den Bereich des L-Bands (und nichts höheres)?

Viele Grüße
neesl

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Michael
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Beitrag von Michael » 25.09.2007 - 21:08

Hallo,

nach meiner Information, die ich hier mal gesammelt hatte:
http://www.kowoma.de/gps/Signale.htm
ist es ein wenig anders:

Je höher die Frequenz, desto langsamer in der Ionosphäre, also ist höher nicht so gut.
Aber: Allgemein gilt, dass wenn nicht im Vakuum, je tiefer die Frequenz desto stärker die Verlangsamung, man sollte also höher gehen. Problem von zu hoch, siehe oben.
Warum genau müsste man jetzt in einem Physikbuch nachsehen (Oder hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Elektromagnetische_Welle
Und: Über 2Ghz ist wohl unpraktisch wegen Antennensystem.
Ausserdem: Man sollte nicht gerade eine Frequenz treffen, die von Wasser oder Wasserdampf absorbiert wird.
Hilft Dir das weiter?

Gruss
Michael

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Roland
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Beitrag von Roland » 25.09.2007 - 21:52

Hallo Michael !

Ein neuer Autor im Forum ? Und gleich so fleißig !
:D

Neesl schubst mich schneller als gedacht ins kalte Wasser. Vor ein paar Tagen hatte ich unten gefragt, ob ich mal die Ionosphäre zum Thema machen sollte. Mehr in der Hoffnung, dass mir jemand den bewährten Nürnberger Trichter reicht, auf dass ich mir das Verständnis darüber mühelos reinziehen könnte. Tja, jetzt mache ich mich selber auf die Suche ...

Nicht zuwenig gibt's bei
Wikipedia
Warum ist das eigentlich so ?
ist natürlich eine knifflige Frage. Ich könnte nur mit dem
Fermatschen Prinzip des kürzesten Lichtweges antworten. Warum das aber proportional zu n und nicht 2n oder n² ist ...
Und warum genau wählt(e) man für GPS-Signale gerade den Bereich des L-Bands (und nichts höheres) ?
Das hat Michael schon angedeutet.
Bei den Vorläufern von GPS, z.B. TRANSIT wurden 150 und 400 MHz gewählt. Nicht zuletzt, weil man keine höheren Sendefrequenzen erzeugen konnte. Außerdem steigt glaube auch der Energieaufwand mit höherer Frequenz zum Erreichen der gewünschten Sendeleistung. Und Energie kann so ein Satellit nicht beliebig erzeugen. Also gelten neben physikalischen auch technische Einschränkungen.

Korrektur:
Topex/Poseidon hatte ich irrtümlich genannt

Grüße Roland
Zuletzt geändert von Roland am 26.09.2007 - 18:49, insgesamt 3-mal geändert.

neesl

Beitrag von neesl » 25.09.2007 - 21:52

Hallo Michael, Hallo Roland


Dank Euch beiden erstmal für die Antworten und Links :)

Wieso man nun gerade aufs L-Band zurückgegriffen hat, scheint mir jetzt ein wenig klarer.
(Vermeidung von Richtanntennen, die über 2 GHz nötig wären,
Vermeidung der Radio- und TV-Frequenzen im MHz-Bereich, stimmt das in etwa?)

>>Je höher die Frequenz, desto langsamer in der Ionosphäre

.. Michael, das verstehe ich nicht so ganz.
.. abgesehen davon, daß ich gern wüßte, warum in diesem Bereich plötzlich die 1/f^2 -Regel nicht mehr greifen sollte,
wäre da also durchaus noch Platz "nach oben"(wenn man die Sache mit der Richtantennerei mal außer Acht ließe).
Denn In dem Link, den Du mir gegeben hast steht:
"Ionosphärische Verzögerungen sind in den Frequenzbereichen kleiner 100 MHz und größer 10 GHz enorm hoch"

Könnte es sein, daß unterhalb 100 MHz verstärkt eine Reflexion an der Ionosphäre stattfindet
und oberhalb 10 GHz die Störungen durch die Teilchen in der Ionosphäre einfach zu groß werden?

Roland, wenn Du doch noch einen Trichterreicher findest,
schick ihn bitte auch bei mir vorbei ;)


Viele (leicht verwirrte) Grüße
neesl

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Roland
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Beitrag von Roland » 27.09.2007 - 23:00

Hallo neesl,

letzte Nacht kam mir noch der Gedanke 8)
Satellitenfernsehen
Demnach läge die Grenze bei 15 GHz.

Zwei weitere Anmerkungen seien gestattet:
Wer verbirgt sich hinter "neesl" ? Geht es um eine Facharbeit, gesteigertes Interesse eines GPS-Fans oder um anderes.
(Hinter "Roland" verbirgt sich ein grenzdebiler Zausel, der nicht über seine Vermessungsgrenzen hinwegkommt).

Und soll ich hier Netzfundstücke reinwerfen, ohne diese selbst verstanden zu haben. Wem bringt das was ?


Grüße Roland

Deichgraf
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Beitrag von Deichgraf » 27.09.2007 - 23:43

Hi,
vielleicht hilft diese Geschichte weiter:

http://www.egnos-pro.esa.int/sbasteacher/download.html

Ich habe mit dem Teacher einige Datensätze angesehen, Ionosphäre war auch dabei.

Gruß
Günther

neesl

Beitrag von neesl » 28.09.2007 - 14:13

@Günther
Danke! Das schau ich mir gleich mal an :)

@Roland
>>Wer verbirgt sich hinter "neesl" ? Geht es um eine Facharbeit, gesteigertes
>>Interesse eines GPS-Fans oder um anderes.

hinter neesl verbirgt sich Niesel -oder auch Denise- , die heute mittag ihre Komplexprüfung im Bereich
System- und Steuerungstheorie hinter sich gebracht hat und der während des Lernens so einige
Wissenslücken das Stolpern gezeigt haben ;)

Die Prüfung ist zwar vorbei, das heißt nun aber nicht, daß mein Interesse gegen null geschnippst ist..
Deswegen habe ich gleich nach der halben Stunde, in der ich mein (Halb-)Wissen verkünden durfte,
meinen Prof mit der L-Band-Frage gequält :D

Er meinte, unterhalb 1 GHz würden die Störungen des Signals durch die elektromagnetische Strahlung (zu) stark ins Gewicht fallen.
Je höher die Frequenz, desto mehr müsse man aufpassen, weil sich dann natürliche Erscheinungen wie zB Regen stärker aufs Signal auswirken.
Außerdem müßte man auch acht auf (Störungen durch) die Eigenfrequenzen der Gase in der Atmosphäre geben.

Somit wäre das L-Band dann wohl der beste Kompromiss.
Ich würde mich mit dieser Antwort jetzt erstmal zufrieden geben.
Es sei denn Euch fällt jetzt noch eine Ungereimtheit auf..?
(Insofern mein kleiner Physiker - ich hab mehrere Leute damit gequält *gesteh*-
noch andere Informationen auf Lager hat, poste ich die hier.)

Warum nun aber die Verlangsamung in der Ionosphäre mit 1/f^2 von statten geht.. ?
(Experimentell festgestellt? Von klugen Köpfen berechnet?)...

Liebe Grüße
neesl

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Beitrag von Roland » 28.09.2007 - 22:49

Hallo neesl,

hast Du Deinem Professor auch die Transit-Frequenzen gezeigt :?

Ich will nur zeigen dass ich dran bleibe. Über Trivialitäten wie die Abhängigkeit von f² wollen wir uns doch nicht ... das haben wir gleich ... ähm ... Nee, wir wollen höher hinaus.
Siehe z.B.
"Appleton ist später für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Ionosphärenphysik mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden."

Hier noch eine Quelle
TU München

Erstmal gute Nacht
Roland

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Beitrag von Roland » 03.10.2007 - 17:46

Hallo neesl,

das Thema schleppt sich ja so über die Distanz ...
neesl hat geschrieben:Warum nun aber die Verlangsamung in der Ionosphäre mit 1/f^2 von statten geht.. ?
(Experimentell festgestellt? Von klugen Köpfen berechnet?)...
Ich sage: beides. Wobei meine Meinung ist, diese Physiker beobachten was und stellen dann einfach eine passende quadratische Gleichung dazu auf, s. Newton, Einstein :wink:

Hier waren es wohl

Spilker JJ (1980): GPS signal structure and performance characteristics. In: The Institute of Navigation: Global Positioning System, vol 1: 29-54.

Clynch JR, Coco DS (1986): Error characteristics of high quality geodetic GPS measurements: clocks, orbits, and propagation effects. In: Proceedings of the Fourth International Geodetic Symposium on Satellíte Positioning, Austin, Texas, April 28 - May 2, vol 1: 539-556.

oder auch Remondi, Wübbena u.a. Meine Weisheit ziehe ich aus dem einzigen dickeren Buch über GPS, das ich besitze (eigentlich ist es mehr eine Photokopie)

Manfred Bauer: Vermessung und Ortung mit Satelliten

Dort wird die Abhängigkeit der Laufzeit eines Radiosignals durch die Ionosphäre wie folgt angegeben

t= R/c + A/f² + B/f³

Hoppla, doch eine dritte Potenz !?
R= wahre Entfernung
c= Lichtgeschwindigkeit im Vakuum
f= Trägerfrequenz
A,B = Konstanten


Zuuufällig habe ich noch
Gerd Prölß: Physik des erdnahen Weltraums im Regal gefunden.
Dort gibt es ein ganzes Kapitel zur Ionosphäre, aber ich brauche mal eben noch fünf bis zehn Minuten, um da durchzusteigen :wink: Solange wollte ich Dich nicht warten lassen. Leider nimmt er keinen Bezug zu GPS-Frequenzen.


Grüße Roland

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KoenigDickBauch
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Beitrag von KoenigDickBauch » 03.10.2007 - 18:38

Roland hat geschrieben:Dort wird die Abhängigkeit der Laufzeit eines Radiosignals durch die Ionosphäre wie folgt angegeben

t= R/c + A/f² + B/f³

Hoppla, doch eine dritte Potenz !?
R= wahre Entfernung
c= Lichtgeschwindigkeit im Vakuum
f= Trägerfrequenz
A,B = Konstanten
Und hat der Pysiker keinen Rat (analytische Herleitung), dann fragt er den alten herrn Taylor, der mit seiner Reihenentwicklung bewiesen hat, das man alle Funktionen in einem bestimmten Bereich mit seiner Reihe ausdrücken kann. Die Koeffizienten werden dann im Versuch ermittelt. Man könnte also auch 1/f^4 ..1/f^oo mitnehmen. Die A,B,.... werden es dann schon richten. Mit anderen worten 1/f³ ist garnicht so wichtig, man muss auch das B betrachten um zu wissen was da ab geht.

Gruß
Thomas

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Beitrag von Roland » 14.10.2007 - 23:23

Hallo,

wende ich mich mal kurz dieser Baustelle zu.
Den Term mit der dritten Potenz vernachlässigt man, den Koeffizienten B kriege ich spätestens zum Jahresende auch noch raus ...

Zur ursprünglichen Frage der Frequenzwahl fand ich noch in

Lautenschlager: "Funktionsweise des Global Positioning System" Chur 1994 (was man alles hat ?):
GPS Frequenz- und Modulationswahl

Für die Wahl dieser Frequenzen im L-Band gab es folgende Gründe:

1. Die PRN-Codes benötigen Bandbreiten im Umfang von 2 MHz für den C/A-Code und 20 MHz für den P-Code. Derart große Bandbreiten stehen in anderen Frequenzbereichen nicht zur Verfügung.

2. Je höher die Frequenz, desto geringer ist die Abweichung der Ausbreitungsgeschwindigkeit vom Wert der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum.

3. Ionospärische Verzögerungen sind im tieferen Frequenzbereich stärker auswirkend. Dagegen ist die Dämpfung der Signale in der Troposphäre bei hohen Frequenzen ausgeprägt. Die gewählte Frequenz ist ein Kompromiss.

4. Die Auswertung von zwei Frequenzen ermöglicht weitgehend die Beherrschung des Ionosphäreneinflusses auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit.


Durch Modulation der Träger werden folgende Probleme gelöst:

1. Die Mehrdeutigkeit der Messung wird eingeschränkt durch Strukturierung der Träger.

2. Die Navigationsnachricht kann übermittelt werden.

3. Der GPS-Zugang wird für unerwünschte Nutzer durch Geheimhaltung des Codes erschwert.

Grüße Roland

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