Deutsches Meter

Allgemeine Fragen zu GPS und verwandten Themen

Moderator: Roland

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Jörn Weber
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Beitrag von Jörn Weber » 09.11.2007 - 21:33

Hallo,

ich habe mir eben die neuste EPSG-Datenbank geholt. Dort steh jetzt für den

Bessel 1841 (Namibia)

Semi_Major_Axis = "6377483,87"

Remarks = "a = 6377397.155 German legal metres. This is the same value as the Bessel 1841 figure (code 7004) but in different units. Used in Namibia."

Source = "Chief Directorate: Surveys and Mapping, Mowbray, South Africa."

Des Weiteren wurde irgendwann ein neuer Ellipsoid hinzugefügt:

Bessel Namibia (GLM)

Semi_Major_Axis = "6377397,16"

Remark = "The semi-major axis has the same value as the Bessel 1841 ellipsoid (code 7004) but is in different units - German Legal Metres rather than International metres - hence a different size. a = 6377483.865 International metres. Used in Namibia."

Source = "Chief Directorate: Surveys and Mapping, Mowbray, South Africa."

Gruss Joern Weber

Deichgraf
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Beitrag von Deichgraf » 10.11.2007 - 02:41

Hi,
angeregt durch Taurus habe ich Folgendes gelesen:
Der auf der 10-DM-Banknote abgebildete Sextant – auf Basis eines Quintanten (144° Messbereich) der englischen Firma Troughton – ist von Carl Friedrich Gauß 1821 mit einem dritten Spiegel versehen worden, um ihn in der Landesvermessung als Sonnenspiegel (Licht-Scheinwerfer = Vize-Heliotrop) zur Sichtbarmachung von Vermessungspunkten zu verwenden.

So ein Sextant hatte eine Abweichung von 1/60 Bogenminute, also von 1 Seemeile.

Unter diesem Aspekt ist es doch irrelevant, was diese Landvermesser früher zu Papier brachten, oder?

Gruß
Günther

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Jörn Weber
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Beitrag von Jörn Weber » 10.11.2007 - 10:54

Hallo Günther,
Deichgraf hat geschrieben:Hi,
angeregt durch Taurus habe ich Folgendes gelesen:
Der auf der 10-DM-Banknote abgebildete Sextant – auf Basis eines Quintanten (144° Messbereich) der englischen Firma Troughton – ist von Carl Friedrich Gauß 1821 mit einem dritten Spiegel versehen worden, um ihn in der Landesvermessung als Sonnenspiegel (Licht-Scheinwerfer = Vize-Heliotrop) zur Sichtbarmachung von Vermessungspunkten zu verwenden.

So ein Sextant hatte eine Abweichung von 1/60 Bogenminute, also von 1 Seemeile.

Unter diesem Aspekt ist es doch irrelevant, was diese Landvermesser
früher zu Papier brachten, oder?
1. Wann entspricht 1' (korrigiert J. W.) einer Seemeile? Doch wohl erst bei einer Entfernung die dem halben Erddurchmesser, also mehr als 6000 km, entspricht. Bei 60 Kilometer Schenkellänge ist die Gegengerade des Winkels dann etwa wie groß?

2. Der von dir erwähnte Sextant wurde nur als Zielscheinwerfer benutzt. Beim ihm reichten 5" Genauigkeit völlig aus.

3. Der eigentlich Winkelmesser, ein Astro-Theodolit, war mit 0,1" wesentlich genauer, da er ein starkes Fernrohr besitzt. Diese wurden dann für große Entfernungen eingesetzt. Hier bei uns in Jena gibt es ein Optisches Museum, wo man diese Dinge sich anschauen kann. Wenn wir von der Landvermessung vorheriger Jahrhunderte sprechen, sollten wir deshalb nicht Prof. Erst Abbe vergessen, der die technischen Voraussetzungen für die preußische Landesaufnahme schuf. Mit den bei der preußischen Landesaufnahme verwendeten Theo's von Zeiss konnte man die Gegengerade auf ca. 1 Meter genau vermessen. Wenn man damit komplette Messreihen durchführte und diese mathematisch nachbearbeitete kam man auf ein noch grössere Genauikeit. Heute produzieren hier in Jena die Firmen Trimble und Leica als diese Geräte. In engen Häuserschluchten erzielen sie immer noch die besten Ergebnisse.

4. Gauß konnte die Genauigkeit seiner Messungen durch seine Mathematik verbessern. Er benötigte dazu nur eine sehr genaue Basislinie.
Schließlich war er der Fürst der Mathematiker. Erst 1960 konnte Rudolf Kalman die Methode der kleinsten Fehlerquadrate entscheidend verbessern.

5. Die Basisstrecken wurden per Hand zuerst mit Holzlatten dann später mit Invar-Drähten ausgemessen. Um an eine solche extrem genau ausgemessene Basisstrecke zu kommen lies Gauß selbst diverse sich im Weg befindliche Gebäude abreißen. Soldner soll in München ähnlich rücksichtslos vorgegangen sein.

Du kannst dir, falls es dich interessiert, gerne ein Lehrbuch der damaligen Zeit einziehen.

http://books.google.com/books?id=Xv0IAA ... w#PPR19,M1

Gruss Joern Weber
Zuletzt geändert von Jörn Weber am 10.11.2007 - 18:23, insgesamt 1-mal geändert.

Deichgraf
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Beitrag von Deichgraf » 10.11.2007 - 11:58

Hi, Jörn,
es sollte wohl 1/60 ° heißen, 1 ' ist ja eine SM; man soll nicht alles so von Wiki übernehmen.
Aber mit der Abwseichung von 1 Seemeile soll wohl stimmen, erst die neueren Sextanten haben nur noch eine Abweichung von 10 - 20 Bogensekunden.
Zu beachten wäre auch, dass die Uhren früher nicht so genau gingen.

Bevor ich aber weitere Fragen stelle, werde ich erst einmal das Lehrbuch lesen. :lol:

Gruß
Günther

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Jörn Weber
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Beitrag von Jörn Weber » 10.11.2007 - 16:11

Hallo Günther,
Deichgraf hat geschrieben: Zu beachten wäre auch, dass die Uhren früher nicht so genau gingen.
Du bist zu sehr Seemann. An Land gab es schon länger extrem genaue Pendeluhren und Theodolite. Die genausten Uhren und Messgeräte waren sowie so die Sternwarten. Die meisten Fundamentalpunkte liegen aus diesem Grund in Sternwarten. Auf see ist das natürlich eine andere Geschichte. Eine Pandeluhr würde dort keine Stunde überleben.

Gruss Joern Weber

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Beitrag von Jörn Weber » 10.11.2007 - 20:49

Hallo,

ich habe mir gerade Bessels "Gradmessung in Ostpreussen" eingezogen. Ich habe schon von einer größeren Genauigkeit damals gewusst, aber das er es geschafft hat eine über einen Kilometer lange Basisstrecke auf wenige Zentimetergenau auszumessen, hätte ich nicht vermutet. Liegen die Hauptsteine noch heute in Ostpreussen im Boden?

Gruss Joern Weber

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Beitrag von KoenigDickBauch » 10.11.2007 - 23:41

Jörn Weber hat geschrieben:Hallo,

ich habe mir gerade Bessels "Gradmessung in Ostpreussen" eingezogen. Ich habe schon von einer größeren Genauigkeit damals gewusst, aber das er es geschafft hat eine über einen Kilometer lange Basisstrecke auf wenige Zentimetergenau auszumessen, hätte ich nicht vermutet. Liegen die Hauptsteine noch heute in Ostpreussen im Boden?

Gruss Joern Weber
Hallo Jörn,

wann war denn das?

Gruß
Thomas

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Roland
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Beitrag von Roland » 11.11.2007 - 01:15

Hallo,

so um 1835. Also ob da noch was da ist ?

An Jörn danke für den Link. Danke ? 19 MB. Wann soll ich das lesen.

Habe dafür wiedermal per Zufall in einem Band einen Brief Helmerts entdeckt. Nein, kein Original. Wenn ich die Handschrift so halbwegs richtig entziffern konnte, lautet er wie folgt
Helmert hat geschrieben:Berlin, den 23.October 1890

Hochgeehrter Herr Generalmajor !

Anbei beehre ich mich, Ihnen ein Memoire von Dir. Benoit über erste Vergleichungen der Toisen mit dem Meter vorzulegen. Ich ersuche Sie mir gefl. bei Rücksendung des Memoires Ihre etwaigen Wünsche betreffs weiterer Untersuchung mitzutheilen, die ich vielleicht gleichzeitig mit den meinigen an Benoit einsenden darf.
Ein Blatt Notizen von mir, welche ich zu Benoits Bericht gelegt habe, darf ich mir wohl ebenfalls zurückerbitten: Es ist nun kein Zweifel mehr, dass alle Dimensionen um ca. 1/70.000-1/80.000 zu vergrößern sind, die mit den Toisen Bessel Nr. 9 in Metermaß hergeleitet worden sind. Giebt eine Vergrößerung Preußens um
ca. 1/40000
Fläche. Sollte es möglich sein, dass ich diesen Zuwachs ganz oder theilweise zugewiesen erhalten könnte, so bitte ich darum.

Mit hochachtungsvollem Gruß
Ihr
ergebenster
gez. Helmert
Wusste gar nicht, dass ein Preuße -ein Geodät dazu!- soviel Humor haben konnte ...

Grüße Roland

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Beitrag von Jörn Weber » 11.11.2007 - 09:46

Hallo Roland,
Roland hat geschrieben: so um 1835. Also ob da noch was da ist ?
Steine haben ein langes Mindesthaltbarkeitsdatum. Und die Russen werden schon ordentlich mit ihrem Kulturgut umgehen. Man sollte nicht vergessen, das die Russen Bessel für die Aktion bezahlt haben und von Tenner in russischen Dienst stand. Ich wette drei Lolli das Bessels Sternwarte besser gepflegt wird, als alle Häuser in Kaliningrad zusammen.
An Jörn danke für den Link. Danke ? 19 MB. Wann soll ich das lesen.
Nicht nur lesen, sondern auch anschauen. Am Ende des Buches befinden sich hervorragende Kupferstiche welche den Besselschen Vermessungsapparat darstellen. Der Mann war nicht nur ein genialer Wissenschaftler sonder auch ein erstklassiger Ingenieur.

Was soll ich denn zu 50 MB von Bauerfeind's "Elemente der Vermessungskunde sagen".

http://books.google.com/books?id=87VIAA ... nj4fPa7LrI

Da sind die kleinen Hilfsmittel beschrieben, mit welchen ich mich mal befassen möchte.. Wie man den Kollimationsfehler eines Fernrohres beseitigt und was ein Nonius ist weiß ich ja noch aus eigener Tätigkeit. Aber die Glaskeile kannt ich bisher nicht. Wie lang war bei Bessel eine Linie? 2,26 mm wie die Pariser Linie?

Gruss Joern Weber

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Roland
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Beitrag von Roland » 11.11.2007 - 21:48

Hallo,

halbwegs der Reihe nach
Ich wette drei Lolli das Bessels Sternwarte besser gepflegt wird, als alle Häuser in Kaliningrad zusammen.
Danke, bitte keine benutzten ...
Ich bin fast verzweifelt, irgendwo hatte ich über Unklarheiten über die Zerstörung der Sternwarte in den letzten Kriegsjahren 1944/45 gelesen - aber wo ? Ich fand nur im Band des Besselgymnasiums Minden, 1996
"Friedrich Wilhelm Bessel" auf S. 73
Der Geist Bessels blieb jedoch bis zum Untergang der Sternwarte 1944/45 im Hause bewahrt.
Wie lang war bei Bessel eine Linie? 2,26 mm wie die Pariser Linie?
Ich bin letztlich nur interessierter Laie, alle Längendefinitionen bedürfen sorgfältiger Nachforschungen. Also ein vorsichtiges "ja", belegt mit der S. 69 des zuletzt genannten Torge-Bandes
1 Toise = 6 Pariser Fuß = 864 Pariser Linien = 1,949037 m
1 Pariser Linie = 2,25593 mm
... ein niederschlesischen Kreis in der Oberlausitz
dem würde ich nicht direkt der preußischen Vermessung sondern eher Nagels Sächsischem Dreiecksnetz zuordnen, müsste dazu dessen genaue Lage aber kennen.

Über Basismessungen müssen wir uns mal bei Gelegenheit unterhalten. Die wurden zwar mit Militärs aber nicht mit brachialer Gewalt durchgeführt ...


Grüße Roland

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Beitrag von Jörn Weber » 11.11.2007 - 22:25

Hallo Ronland,
Roland hat geschrieben:
Über Basismessungen müssen wir uns mal bei Gelegenheit unterhalten. Die wurden zwar mit Militärs aber nicht mit brachialer Gewalt durchgeführt ...
Von Gauss ist überliefert, das für seine Basislinie ein Scheune und ein einige Ställe und viel Zäune dran glauben mussten. Dafür gab es dann vom König eine Entschädigung. Bessel hat nach eigener Aussage für seine Vermessung breite Schneisen im Wald aushauen lassen. Und die Miltärs waren noch weniger zimperlich. Die haben nicht darüber diskutiert ob sie ein Grundstück betreten dürfen oder nicht.

Gruss Joern Weber


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Beitrag von Jörn Weber » 11.11.2007 - 22:27

Hallo Roland,
Roland hat geschrieben:
... ein niederschlesischen Kreis in der Oberlausitz
dem würde ich nicht direkt der preußischen Vermessung sondern eher Nagels Sächsischem Dreiecksnetz zuordnen, müsste dazu dessen genaue Lage aber kennen.
Nein, diese Gebiete sind erst 1945 an Sachsen gefallen, als der Rest von Schlesien an Polen ging. Bis zu diesem Zeitpunkt gehörte Schlesien zu Preußen und zuvor zu Österreich.

Gruss Joern Weber

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Beitrag von Roland » 12.11.2007 - 00:23

Hallo Jörn,

um mir wg. Niederschlesien Klarheit zu verschaffen, hab' ich auf die Schnelle die zwei Karten gezogen
http://www.tu-freiberg.de/~wwwmage/geod ... Beleg1.pdf
http://www.gonschior.de/weimar/Preussen ... karte.html
Demnach reichte Nagels Triangulation nicht soweit.

Aber zur Basismessung:

Aus den Beschreibungen hör' ich Kehlmann trapsen ...
Basismessungen wurden m.W. in möglichst unbebautem, möglichst ebenem Gelände ausgeführt.
Dreiecks-(Richtungs-) Messungen erforderten schonmal Kahlschläge. Und bei weiterem diskutieren kommen wir vom Gebäude über die Scheune wohl zum Schuppen ... Beim Verhandeln über die Entschädigung mag seitens des Eigentümers von Gebäude, seitens der Geometer von Schuppen gesprochen worden sein :)


Grüße Roland

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Beitrag von Jörn Weber » 12.11.2007 - 18:29

Roland hat geschrieben:Hallo Jörn,

um mir wg. Niederschlesien Klarheit zu verschaffen, hab' ich auf die Schnelle die zwei Karten gezogen
http://www.tu-freiberg.de/~wwwmage/geod ... Beleg1.pdf
http://www.gonschior.de/weimar/Preussen ... karte.html
Demnach reichte Nagels Triangulation nicht soweit.
Das versuchte ich dir zu sagen. Großstädte Hoyerswerda und Görlitz gehörten zu Schlesien und müssten zu mindestens zeimal von den Österreichern vermessen worden sein. Eventuell hängen die sogar an der ominösen Karpaten-Kette.

Aber zur Basismessung:

Aus den Beschreibungen hör' ich Kehlmann trapsen ...
Basismessungen wurden m.W. in möglichst unbebautem, möglichst ebenem Gelände ausgeführt.
Dreiecks-(Richtungs-) Messungen erforderten schonmal Kahlschläge. Und bei weiterem diskutieren kommen wir vom Gebäude über die Scheune wohl zum Schuppen ... Beim Verhandeln über die Entschädigung mag seitens des Eigentümers von Gebäude, seitens der Geometer von Schuppen gesprochen worden sein :)
Das kann schon gut möglich sein.

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Beitrag von Jörn Weber » 12.11.2007 - 20:17

Hallo Roland,


damit Du dich nicht langweilst, hier etwas für Deine Bibliothek.

Küstenvermessung und die Berliner Grundlinie von Bayer

Wenn ich es richtige sehe hat er mit den Beselschen Toise den Kern des Reichsdreiecknetzes geschaffen.

http://books.google.de/books?id=LVoOAAA ... 1#PPA22,M1

Gruss Joern Weber

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