Von der See bis zu den Alpen: Deutschland wird neu vermessen

Allgemeine Fragen zu GPS und verwandten Themen

Moderator: Roland

Benutzeravatar
Jörn Weber
Beiträge: 789
Registriert: 03.02.2007 - 16:11
Wohnort: Jena

Re: Von der See bis zu den Alpen: Deutschland wird neu vermessen

Beitrag von Jörn Weber » 25.10.2008 - 17:39

Hallo Güther
Deichgraf hat geschrieben: Ich habe letztens Daten vom Katasteramt erhalten: In Gaus/Krüger und Potsdam!
Dann hast du ein neueres Katasteramt erwischt. Ich kenne welche, die verwenden noch die Anschmiegungskugel, so wie Sie Soldner hinterlassen hat. Grundbücher haben das vorhandene zu Dokumentieren, daher sind diese Ämter dazu verdammt die alten Systeme bis in alle Zeiten weiter zu verwenden.
Als GPS-Anwender genügt es mit, dass ich weiss, welches Map-Datum ich einstellen muss bzw. welche Auswirkungen ein falsches Datum mit sich bringt; ob die Grundlage dann ein Quasi- oder ein Geoid ist, oder was auch immer, ist für mich ohne Belang.
Als GPS-Anwender weißt Du aber auch, das die Höhenwerte eines GPS-Empfängers suboptimal ist. Seit ein paar Wochen besteht die Möglichkeit einen genaueren Empfänger zu bauen, der vielleicht bei guter Rundumsicht nur noch einen typischen Fehler von 20 oder 15 Meter statt 30 Meter aufweißt. Jedenfalls kann man jetzt eine Fehlerquelle, welche mit bis zu 15 Meter im Höhenwert zu Buche schlägt, ausschalten. Die Darstellung dieses Fehlers liegt außerhalb des WGS84-Systems. Momentan wird daher mit einer Ergänzung namens EGM2008 gearbeitet. Irgendwann müssen aber WGS84 und EGM2008 aufeinander genäht werden. Nur weiß noch keiner genau, wie man dieses am besten realisiert.

Gruss Joern Weber

Benutzeravatar
Roland
Beiträge: 2055
Registriert: 18.02.2004 - 22:33
Wohnort: Wusterhausen(Dosse)

Re: Von der See bis zu den Alpen: Deutschland wird neu vermessen

Beitrag von Roland » 25.10.2008 - 21:24

Ahhh,

lasst uns das Forum in ein Katasterforum umkrempeln ...
Jörn hat geschrieben:Grundbücher haben das vorhandene zu Dokumentieren, daher sind diese Ämter dazu verdammt die alten Systeme bis in alle Zeiten weiter zu verwenden.
Die Verbindung Grundbuch-Kataster funktioniert eher über Gemarkung-Flur-Flurstück.
Die Koordinatensysteme können beliebig gewandelt werden.

Hm, und darin steckt ein Kuriosum:
Meines Wissens werden Koordinatensysteme nicht durch Gesetz sondern per Verwaltungsvorschrift bestimmt,
Einführungserlass, "Bezugssystem-Erlass" o.ä. Und nur weil die Länder sich bzgl. UTM geeinigt haben, wird das demnächst einheitlich gehandhabt. Verbindlich gegenüber Jedermann ist das eigentlich nicht. Ich denke gerade laut ...


Grüße Roland

Benutzeravatar
Roland
Beiträge: 2055
Registriert: 18.02.2004 - 22:33
Wohnort: Wusterhausen(Dosse)

Re: Von der See bis zu den Alpen: Deutschland wird neu vermessen

Beitrag von Roland » 26.10.2008 - 01:05

Hallo, jetzt ist die Zeit
Jörn hat geschrieben:... dass wir ein relativistisches Erdmodell benötigen
Zuerst habe ich gedacht ... na, lassen wir das. Dann habe ich gedacht, relativistische Effekte gibt es nur bei hohen Geschwindigkeiten, beim Verlassen des Erdschwerefeldes oder bei extremen Gravitationsfeldern.

Dann fiel mir ein, dass Hafele und Keating 1971 mit einer Atomuhr um die Erde geflogen sind und relativistische Einflüsse auf die Uhr nachgewiesen haben. Wobei Gravitation und Geschwindigkeit nicht soviel ausmachten wie der Sagnac-Effekt. (Mei, was ist das denn ? Also so tief bin ich nicht eingestiegen.)

Aus dem Bauch heraus wollte ich sagen, dass relativistische Effekte bei Vermessungen noch lange von anderen Störgrößen und Messungenauigkeiten überdeckt werden. Hm, jetzt musste ich lesen, dass Absolutgravimeter mit 5-10 cm (Zentimeter) Fallhöhe was in der Größe von 10 –9 messen.
BKG Herbert Wilmes
(Beim Freifall dürfte die Angabe „Meter“ auf S.15 ein Fehler sein). Also noch so ein Aufsatz und ich glaub auch an relativistische Messgrößen.

Den Tunnel brauchst Du nicht von München nach Milano bohren (was in einigen Münchner Schicki-Micki-Kreisen sicher schon lange erträumt wird ...). Zur Zeit wird ein Tunnel von Erstfeld nach Bodio gebohrt. Da hat man mit Lotabweichungen und anderen Einflüssen zu tun und braucht nicht auch noch die Relativität.
GBT

Die Effekte kann man nebenbei bemerkt wohl durchaus geometrisch behandeln – nur nicht euklidisch.

Und wie wär's, wenn wir alles mit ellipsoidischen Höhen erschlagen. Mal ehrlich, wären wir nicht alle ganz doll erleichtert ?
Musste zu meinem Leidwesen einen Artikel über ellipsoidische Höhen in der Seefahrt lesen (find ich jetzt nicht).
Wurde ernsthaft befürwortet.

Gute Nacht
Roland

Benutzeravatar
Jörn Weber
Beiträge: 789
Registriert: 03.02.2007 - 16:11
Wohnort: Jena

Re: Von der See bis zu den Alpen: Deutschland wird neu vermessen

Beitrag von Jörn Weber » 26.10.2008 - 09:30

Hallo,
Roland hat geschrieben: Den Tunnel brauchst Du nicht von München nach Milano bohren (was in einigen Münchner Schicki-Micki-Kreisen sicher schon lange erträumt wird ...).
Von diesem Tunnel träumt nicht nur die Schickeria in München. Reinhardt Messner und andere Südtiroler Größen haben sich auch klar dafür ausgesprochen. IMHO untersucht die EU bereits die Machbarkeit.
Zur Zeit wird ein Tunnel von Erstfeld nach Bodio gebohrt. Da hat man mit Lotabweichungen und anderen Einflüssen zu tun und braucht nicht auch noch die Relativität.
GBT
Der Gotthard Basistunnel hat zum einen noch nicht die kritische Länge erreicht. Und richtig spannend wird es erst, wenn das Nordeuropäische Nivellement auf das Südeuropäisch trifft. Solange solch ein Bauwerk sich nur innerhalb eines Nivellement bewegt, ist das alles noch relativ unkritisch.

Die Effekte kann man nebenbei bemerkt wohl durchaus geometrisch behandeln – nur nicht euklidisch.
Und wie wär's, wenn wir alles mit ellipsoidischen Höhen erschlagen. Mal ehrlich, wären wir nicht alle ganz doll erleichtert ?
Musste zu meinem Leidwesen einen Artikel über ellipsoidische Höhen in der Seefahrt lesen (find ich jetzt nicht).
Wurde ernsthaft befürwortet.
Nein. Die Einflüsse des Mondes auf die Erdgravitation kann man nicht mehr mit ausreichender Genauigkeit geometrisch darstellen.

Gruss Joern Weber

Benutzeravatar
Roland
Beiträge: 2055
Registriert: 18.02.2004 - 22:33
Wohnort: Wusterhausen(Dosse)

Re: Von der See bis zu den Alpen: Deutschland wird neu vermessen

Beitrag von Roland » 27.10.2008 - 23:28

Hallo Jörn,

hier ist der von mir gesuchte Link zur ellipsoidischen Höhe in der Seefahrt
(hat mich Stunden gekostet, bis ich den wiedergefunden habe)
http://www.gpsworld.com/gpsworld/conten ... ?id=180138

oder
http://www.ife.uni-hannover.de/mitarbei ... kuma11.pdf

Der Unterschied Meeresgrund-Ellipsoid (DC) "... is taken from the database" Aahja !
Weiter lese ich aus dem Artikel: Im Zweifelsfall benutzen wir das Echolot.

Zum Höhenbezug im relativistischen Erd-Modell oder beim WGS84-Ellipsoid:
Ich meine, im Subzentimeter-Bereich scheitert beides beim notwendigen Festlegen des Bezuges.
Beim WGS84-Ellipsoid wird der Erdschwerpunkt zeitabhängig schwanken - "Geozentrums-Variationen". (Ok, er schwankt auch ohne Ellipsoid ....)
Bei einer gravimetrischen Bestimmung werden ähnliche Einflüsse wie Tiden, Atmosphäre, Fluktuationen im Erdinnern eine Schwerereferenz zufällig beeinflussen. Relativistische Effekte dürften weit unter diesen Schwankungen liegen.

Frage: wie groß schätzt Du die Effekte überhaupt, im Bereich 10- 9 oder 10- 18 ?

Ansonsten : Dank Deines Postings bin ich auf Begriffe wie "Relativistic Geodesy, Clock-rate Geoid und Bjerhammar" gestoßen. Ich sollte mir jetzt aber den Mund spülen, weil ich Begriffe verwende, die ich nicht aussprechen sollte ...

Ahhh, da ist ja noch eine Flasche Wiesn-Bier ...


Grüße Roland

Benutzeravatar
Jörn Weber
Beiträge: 789
Registriert: 03.02.2007 - 16:11
Wohnort: Jena

Re: Von der See bis zu den Alpen: Deutschland wird neu vermessen

Beitrag von Jörn Weber » 28.10.2008 - 21:34

Hallo Roland,
Roland hat geschrieben: Frage: wie groß schätzt Du die Effekte überhaupt, im Bereich 10- 9 oder 10- 18 ?
Wie ich schon schrieb, kann ich diese Effekte selber noch nicht vollständig verstehen. Daher äussere ich mich dazu nicht.

Gruss Joern Weber

Antworten