Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Fragen zu GPS-Empfängern und alles was damit zu tun hat.

Moderator: Roland

Hagen.Felix
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Hagen.Felix » 25.01.2012 - 21:08

ssquare_de hat geschrieben: ...
Ebenso wird erwähnt, dass die optimale Funktionsfähigkeit des Verfahrens eng an eine möglichst gute, immer aktualisierte Modellierung der Ionosphäre am Empfängerort gebunden ist.
...
Nachdem ja SBAS sehr viel detailliertere (örtlich, wie auch zeitlich) Ionosphärenwerte übermittelt, als das vergleichsweise grobe Modell, das auch dem unkorrigiertem GPS vorliegt, kann man sich den Verfahrensvorteil besonders in Verbindung mit der SBAS-Auswertung vorstellen, so wie das auch von ublox angegeben wird.
...
Das heißt ja (und wird auch sehr deutlich von meinen heutigen Vergleichsmessungen bestätigt), dass die Einbeziehung der in Deutschland derzeit verfügbaren EGNOS-Satelliten in das PPP von enormer Bedeutung ist, man andererseits jedoch nicht besorgt zu sein braucht, wenn es mal nicht mit dem DGPS-Fix klappt, da die Nutzung der EGNOS-Korrekturdaten im PPP eben auch ohne diesen wirksam wird!

Dies beruhigt mich doch sehr, da ich es ja recht häufig erlebe, trotz freier Rundumsicht doch keinen DGPS-Fix mit den EGNOS-Satelliten bekommen und/oder halten zu können ...
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Deichgraf
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Deichgraf » 26.01.2012 - 11:28

Multipath:
Wenn die Elevationsmaske auf 16,5° eingestellt ist, müssten da die Multipathsignale nicht automatisch reduziert bzw. ausgeschlossen wrden?

Mein eTrex 10 hat letztens ein Signal benutzt, dass von 2° kam. Praktisch unmöglich, weil ich am Fenster saß, kein freier Blick auf den Horizont. Zudem ist auch die zulässige Signalstärke, wie z.B. bei meinem Triton, nicht auf > 22 dB begrenzt.

In freier Wildbahn anscheinend unerheblich; denn am offizellen TP lag das Teil nur 1 m daneben, sowohl bei GPS ( 1 m östlich) als auch zusätzlich mit Glonass (1 m südöstlich).

Mit einem Konservendeckel ahbe ich auch schon hantiert, brachte aber für die Antenne keine Vorteile.
Auf einen Gartentisch mit Heraklit-Platte gelegt, wurden die Signale verstärkt (iBT Polaris 737).

Die Deviation des 6P ist schon beeindruckend; könntest du auch mal im "dunklen Tann" den Empfang testen?

ssquare_de
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von ssquare_de » 26.01.2012 - 12:06

Hallo,


normalerweise kann man in guten, offenen Empfangslagen davon ausgehen, dass die schlimmsten Multipath-störer in flachem Winkel einfallen.
Da kann eine Anhebung der Elevationsblende auf <20° durchaus was bringen, bewertet man nur die 2D-Genauigkeit.
Allerdings verschlechtert man sich damit sicherlich die Genauigkeit der Höhenkomponente.

Im Wald ist Multipath kaum elevationsgebunden, Störer treffen aus allen Richtungen im Antennenzentrum ein, zudem ist meist auch die Signalstärke deutlich abgeschwächt, manche Sats zeitweise total geblockt.
Das alles sorgt für deutlich reduzierte Genauigkeit auch im 2D-Bereich. Bei den Höhen sowieso.
Da macht es in den allermeisten Fällen wenig Sinn, die Elevationsblende hochzusetzen, da muss man nehmen, was einem vor die Antenne kommt... :wink:

Bin auch schon gespannt, wie sich der NEO-6P im Unterholz macht.
Übertriebene Erwartungen habe ich da nicht...aber wenn ich ehrlich bin, ich hoffe, ein bischen was sollte da im Vergleich zu seinen Kollegen schon drinnen sein, egal ob nun mit, oder in üblen Situationen auch ohne EGNOS.

Ich vertraue darauf, dass wenigstens 4-5 einigermassen hochstehende Sats so gut sichtbar sind, dass auch deren Trägerphasen kontiuierlich (ohne cycle slips) empfangen werden können.
Das sollte, wenigstens theoretisch, für eine einigermassen gute Positionslösung ausreichen.
Immer im Vergleich zu den "nichtgeglätteten" Kollegen, und auch ganz allgemein, angesichts der schwierigeren Empfangsverhältnisse.
Die Submeter-Marke wird im dichten Wald natürlich kaum zu halten sein...macht fast nix, Hauptsache, es stellt sich eine Verbesserung zu den Vorgängern ein... :wink:

Da müssen wir aber abwarten, wie in der Firmware die Gewichtung der unterschiedlichen Sats von ublox abgestimmt wurde.
Nach Signalstärke, nach der Qualität der Trägerphasen, nach Elevation...da gibt es so viele Möglichkeiten und die gewählte Gewichtung der unterschiedlichen Parameter ist immer auch ein Kompromiss.

Was man in jedem Fall machen sollte, aber das ist ja allgemeingültig:
eine ordentliche externe Antenne (muss keine superteuere sein!) mit einem äusserst rauscharmen LNA (1-1,5 dB Noise figure) verwenden, Kabel (kurz)und Stecker hochwertig, um die Signale nicht unnötig zu dämpfen.
Und je höher die Antennenposition über dem Waldboden, um so besser.


Stefan

Josef Gerstenberg
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Josef Gerstenberg » 26.01.2012 - 21:29

Hallo,

zuerst will ich die Euphorie mal etwas dämpfen.

Die Trägerphasenglättung eines Pseudoranges macht den Streckenfehler ohne weiteres (!) nicht kleiner und verringert damit auch nicht den absoluten Positionsfehler.
Der Strecken- und somit auch der Positionsfehler wird nur geglättet!

Das Ergebnis einer Trägerphasenglättung ist zuerst frappierend:
- Ohne Trägerphasenglättung wandert die berechnete Position schnell hin und her
- Mit Trägerphasenglättung bleibt sie über viele Sekunden oder sogar Minuten an einem Ort

Das bedeutet jedoch nicht, dass der absolute Positionsfehler beseitigt worden ist.

Lieber Hagen,
mein dringender Rat stammt aus leidvoller experimenteller Erfahrung mit selbstprogrammierten Trägerphasenglättungen:
- mal kurz irgendwo einen Empfänger hinstellen, um eine Einschätzung zu gewinnen, bringt nur ein statistisch zufälliges Ergebnis
- für die Bewertung einer statischen Messung sollte man mindestens 24 Stunden an einem Ort mit einer genau bekannten Koordinate messen
- für die Bewertung einer dynamischer Messung sollte man mehrfach eine Strecke mit genau bekannten Koordinaten langfahren
Erst dann kann man (wenn die Sonne nicht heftig rummacht), etwas über L1-Empfänger wie den NEO-6P fundiert aussagen.

PS Dass "die superteure NovAtel-Antenne mit ihrer hervorragenden Multipath-Abschirmung gar nicht so viel besser abgeschnitten hat als die "Kit"-Antenne von u-blox",
halte ich ebenfalls für ein Zufallsergebnis.
Mein Rat auch hier: Sicher das mal statistisch gut ab.

Lieber Stefan,
woher hast du die Infos:
"Was man in jedem Fall machen sollte, aber das ist ja allgemeingültig:
eine ordentliche externe Antenne (muss keine superteuere sein!) mit einem äusserst rauscharmen LNA (1-1,5 dB Noise figure) verwenden, Kabel (kurz)und Stecker hochwertig, um die Signale nicht unnötig zu dämpfen.
Und je höher die Antennenposition über dem Waldboden, um so besser."

Je kürzer das Kabel und je hochwertiger der Stecker - je geringer der Positionsfehler - das ist ein Trugschluss!
Goldene Stecker bringen nix und bei den Kabeln sollte die Dämpfung nur unter der Verstärkung des LNAs in der Antenne liegen.

Ob eine superteure Antenne im Wald etwas bring, hoffe ich demnächst mal ausprobieren zu können.
Es gibt eine Veröffentlichung, dass mit einer Chokering-Antenne grandiose Ergebnisse im Wald erziehlt worden sind.
Ich glaube nicht daran.

Ein interessantes Thema, bei dem ich gerne lerne und mich korrigieren lasse,
Josef

ssquare_de
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von ssquare_de » 26.01.2012 - 22:24

Hallo Josef,


ach, wenn nur du gesagt hättest:

" Zunächst will ich die Euphorie mal etwas glätten " :)

Im Ernst:
da erhoffe ich mir vom Smoothing-Algorithmus schon etwas.
In vergleichsweise guten Empfangslagen hat das Verfahren ja auch schon bei anderen Empfängern seine Wirksamkeit bewiesen,
dass das Verfahren sich in schwierigen Situationen vermutlich um einiges schwerer tut, das sagt ja schon ublox.

Aber mehr als eine reine Dämpfung sollte schon rüberkommen, schliesslich können den Trägerphasen ja wichtige Informationen entnommen
werden - wenn sie denn in ausreichender Anzahl und eingermassen kontinuierlich zu empfangen sind.

Wie schon mehrfach gesagt, ich bin sehr gespannt, den NEO-6P selbst zu testen.
So ist es meinerseits eher (kindliche?) Vorfreude, als grenzenlose Euphorie. :wink:

Antenne:
Da sehe ich natürlich schon die Vorteile einer qualitativen "Superantenne", bin aber bislang davon überzeugt, dass sich deren Vorteile speziell in dichtem Wald
wohl relativieren werden, im Vergleich zu einem vergleichsweise preiswertem Modell.
Diesbezüglich lasse ich mich gerne widerlegen, aber wie ich sehe, sind da unsere Erwartungen vermutlich garnicht (so weit) auseinander!

Dass gutes Kabel und Stecker die Positiongenauigkeit verbessern, wollte ich so nicht gesagt haben.
Mein Ansatz ist/war eher:
Mache mit Billigst-kabel und -stecker bitte nicht auch noch das bischen Signalstärke und Signalqualität leichtsinnig kaputt, die
der "aktive" Antennenteil mühsam geerntet hat.
Reine Signalstärke am Empfängereingang ist ja nicht alles. Mit einem minderwertigen Kabel kann man die Signal-Qualität
ganz schön in den Keller fahren.
Wahrscheinlich ist dir das aber etwas fern, da dir auf dem Gebiet sowieso keine Fehler bei der Materialwahl unterlaufen...auch wenns dann mal ein paar wenige Taler mehr kostet. :)


Stefan

P.S.
Ist deine Superantenne die Fraunhofer"schüssel"?
Aber egal ob oder ob nicht, bitte mach dich bemerkbar mit deinen Eindrücken und Ergebnissen. :)
Zuletzt geändert von ssquare_de am 26.01.2012 - 22:55, insgesamt 1-mal geändert.

Hagen.Felix
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Hagen.Felix » 26.01.2012 - 22:42

Josef Gerstenberg hat geschrieben: ...
Das Ergebnis einer Trägerphasenglättung ist zuerst frappierend:
- Ohne Trägerphasenglättung wandert die berechnete Position schnell hin und her
- Mit Trägerphasenglättung bleibt sie über viele Sekunden oder sogar Minuten an einem Ort

Das bedeutet jedoch nicht, dass der absolute Positionsfehler beseitigt worden ist.
...
Hallo Josef,
genau dieser Frage muss - und werde - ich jetzt auch nachgehen, denn der Hauptnutzen dieses neuen GPS-Moduls soll ja (zumindest für meine Kundengruppe) darin bestehen, einen preiswerten und unkompliziert anwendbaren Empfänger nutzen zu können, der gerade hinsichtlich der absoluten Genauigkeit mehr bietet als alles sonst, was man bislang in dieser Preisklasse verfügbar hatte.
Deswegen wird meinerseits zunächst mal zu überprüfen sein, wie weit die (gemittelten) Positionen von statischen Messungen an mehreren Tagen auf dem selben TP tatsächlich auseinander liegen. Das lässt sich zeitlich und organisatorisch auch noch recht gut realisieren.
Allerdings möchte ich natürlich nicht den Eindruck erwecken, dieser neuartige L1-Empfänger könne plötzlich - oh Wunder :lol: - in der gleichen Liga spielen wie etwa ein 50mal so teurer Zweifrequenzempfänger mit SAPOS-HEPS!
"Meine" Zielgruppe sind ja eher so Leute, die bislang mit Garmin-Handgeräten oder technisch vergleichbarem Gerät wie z.B. dem Trimble Juno (auf Hüfthöhe :roll: ) um ihre Felder ziehen und dabei (v.a. aufgrund des doch relativ hohen Kaufpreises) auch noch denken, sie wären gerade mit "Profi"-GPS unterwegs ...
Die Fehler bei solchen Aufzeichnungen werden zudem auch häufig noch dadurch "vertuscht", dass die Flächeninhalte der damit vermessenen Felder gar nicht immer unbedingt so deutlich "daneben" sein müssen, wenn nur die Lage insgesamt verschoben ist.
Aber v.a. in diesem Punkt muss sich natürlich erst noch zeigen, was der neue NEO-6P tatsächlich zu leisten vermag!

Josef Gerstenberg hat geschrieben: ...
- für die Bewertung einer statischen Messung sollte man mindestens 24 Stunden an einem Ort mit einer genau bekannten Koordinate messen
- für die Bewertung einer dynamischer Messung sollte man mehrfach eine Strecke mit genau bekannten Koordinaten langfahren
Erst dann kann man (wenn die Sonne nicht heftig rummacht), etwas über L1-Empfänger wie den NEO-6P fundiert aussagen.
...
Nach der Punktmessung wird die Reproduzierbarkeit einer sauberen Trackaufzeichnung auf jeden Fall ganz oben in der Prioritätenliste stehen. Genau dies dürfte ja auch die übergroße Mehrheit der potenziellen Nutzer eines solchen Empfängers (also nicht nur Bauern, sondern z.B. auch OSM-Tracker usw.) am meisten interessieren!

Ich möchte diese Beitragsreihe hier auch fürderhin dazu nutzen, die Ergebnisse solcher Tests zu zeigen, und ich freue mich ganz besonders, wenn Du als alter Hase vom Fach dies wieder und weiter auch kräftig kommentierst und in dieser Weise mit lenkst, damit es dann immer auch möglichst korrekt ist ... :D

Für mich persönlich, der ich ja eher im Bereich GIS & Datenmanagement tätig bin, hat diese ganze Entwicklung hingegen hauptsächlich - und hoffentlich! - den Effekt, dass die Qualität der Geodaten, die in den kommenden Jahren in meinem System landen (und von mir ja auch weiterverwendet und/oder bearbeitet werden müssen), insgesamt etwas besser wird ... :)
Bis später!
Hagen
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Josef Gerstenberg
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Josef Gerstenberg » 28.01.2012 - 02:23

Hallo in die Runde

Hagen,
Bauern übers Ohr zu hauen, war langfristig selten erfolgreich.
Drum beklag dich weniger über deine Mitbewerber, sondern lerne, experimentiere und mach dir dein eigenes solides Bild von der Sache.

Stefan,
mit EGNOS im Wald wird es garantiert nix. Dazu stehen die EGNOS-Satelliten viel zu niedrig.


Damit die Diskussion noch fundierter wird, möchte ich zwei Probleme der Trägerphasenglättung kurz erläutern.
Vielleicht ist das aber auch ein anderer Thread.

1. Wird mit der Glättung eines Pseudoranges begonnen (beim Start oder nach einem Phasensprung),
kann als Startstrecke nur dieser erste Pseudorange verwendet werden.

2. Die Glättung des Pseudoranges erfolgt dadurch, dass die Streckenänderung des Pseudoranges zwischen zwei Messungen im Laufe der Zeit immer mehr durch die Streckenänderung der (genaueren) Trägerphase ersetzt wird.

zu 1.
Hat der erste Pseudorange einen großen Fehler, wird dieser Fehler im Prinzip durch die Trägerphasenglättung nicht gemindert. Nur durch ausgeklügelte Gewichtungsverfahren (Kalman-Filter) über viele Messungen ist es möglich, ihn zu mindern.

zu 2.
Leider bewirkt die Ionosphäre nicht den gleichen Fehler auf den Pseudorange und die Trägerphase.
Dieser Fehler ist fast genau entgegengesetzt.
Glättet man also einen Pseudorange über viele Messungen, wird der durch die Ionosphäre bewirkte Fehler immer größer.

Fazit
Lange Glättungszeiten werden benötigt, um den 1. Fehler zu mindern.
Um den bei langen Glättungszeiten auftretenden Ionosphärenfehler zu mindern,
ist eine möglichst genaue Ionosphärenkorrektur wichtig.
Die vom GPS gelieferte Ionosphärenkorrektur ist dafür nicht genau genug.
Und genau da hilft EGNOS hier weiter!

Mich würde es freuen, wenn durch eure Kritik oder Beiträge aus meinem hier schnell Hingeschriebenen ein verständlicher Artikel werden kann. Denn so einen kenne ich bisher nicht.

Grüße Josef
Zuletzt geändert von Josef Gerstenberg am 28.01.2012 - 23:21, insgesamt 1-mal geändert.

ssquare_de
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von ssquare_de » 28.01.2012 - 09:59

Servus Josef,


zu ähnlichen - fast deckungsgleichen - Gedanken bin ich auch gekommen, als ich den von mir oben eingestellten Link der BW-Uni München gelesen habe.

Ich überlege schon seit Tagen, wie man das mit den SBAS-Korrekturen in empfangskritischen Standorten vielleicht hinbekommen könnte.
Hinzuweisen ist aber, dass das zum grössten Teil bislang nur gedankliche Trockenschwimmübungen sind, da verifizierende Versuche im Unterholz noch ausstehen!

Die technisch sauberste Lösung wäre, dem Empfänger die EGNOS-Korrekturdaten per mobilem Internet zuzuspielen.
Das würde zumindest in Gebieten mit GSM/UMTS-Abdeckung das Problem vollkomen entschärfen.
Diese Möglichkeit scheidet meines Wissens leider schon mal aus, da die aktuelle Firmware des NEO-6P dafür nicht die notwendigen Voraussetzungen bereitstellt.

Was ich hingegen versuchen werde:
überprüfen, wie der NEO-6P darauf reagiert, wenn man auf der "NAV5"-Konfigurationsseite das DGPS-Timeout von der Werkseinstellung 0s auf, sagen wir mal für erste Tests, 600s (10min,) erhöht.
(Bei meinen Vorgängern aus der ANTARIS-Generation kann man das TimeOut nur bis 255s erhöhen! )
Ich weiss nicht, ob diese Einstellung auch für SBAS-Korrekturen eine Relevanz besitzt, oder nur für RTCM-Korrekturen.
Möglich wäre es aber.

Angenommen, der NEO-6P verwendet die SBAS-Korrekturwerte dann bis zu 10 min. nach Empfangsabriss, würde ich die leichten Nachteile auf Grund schwindender Datenaktualität wohl in Kauf nehmen.
Zudem würde ich mir vergegenwärtigen, dass normalerweise zu Sonnen-aufgangs, -untergangszeiten die schnellsten Iono-Änderungen zu verzeichnen sind.
Zudem kann man sich auch in der Nachbetrachtung auf der SAPOS-Bayern-Seite auch die Ionospärischen Aktivitäten ansehen.
https://sapos.bayern.de/reports.php
Ist zwar jede Menge Kaffeesatzleserei dabei, und jede Menge Vermuterei, aber immerhin, vielleicht kann man damit und mit etwas Erfahrung die Dinge besser abschätzen.


Bevor man also empfängerbestückt ins dichteste Unterholz reinkrabbelt, sollte man den Empfänger 5-10min. an einer empfangsunkritischen Stelle tracken lassen und dabei sowohl die Ephemeriden der GPS-Sats wie auch das vollständige
Iono-Grid der EGNOS-Sats auf den aktuellen Stand bringen lassen.
(Bei den Vorgängern dauert es in Versuchen immer rund 3-4 Min. bis die SBAS-Korrekturen( speziell das Iono-Grid) vollständig eingelesen sind)
Dann schnell rein in den Busch, den Punkt aufnehmen, und eben spätestens nach 10 min. wieder an eine Stelle zurück, wo die EGNOS-Werte erneut upgedatet werden können.

An den Kalman-Filter hab ich auch schon gedacht, auch an die Zeitspanne, bis sich der Smoothing-Algorithmus "eingependelt" hat.
Da würde ich bei einer Punktaufnahme in den ersten Tests die Antenne statisch lagern, 1-3min warten, und dann erst die Messwerte aufnehmen.

Alles natürlich unter Vorbehalt!
Wie du schon richtig sagtest, da müssen erst mal Versuche gefahren werden .

Aber man will ja die Zeit bis dahin nicht ungenutzt verstreichen lassen.
:)



Stefan

XPosition
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von XPosition » 28.01.2012 - 13:42

Dann schnell rein in den Busch
Ich würde gern zuschauen. :D

Das würde zumindest in Gebieten mit GSM/UMTS-Abdeckung das Problem vollkomen entschärfen.
Diese Möglichkeit scheidet meines Wissens leider schon mal aus, da die aktuelle Firmware des NEO-6P dafür nicht die notwendigen Voraussetzungen bereitstellt.
Das sollte kein Problem sein.

Also SBAS ausschalten, dann via SisNet die Daten von EGNOS holen und via UBlox Message "AID-HUI" einspielen.
Zu technisch ?
Keine Sorge das gibt es schon alles:
http://egnos-portal.gsa.europa.eu/devel ... /egnos-sdk


ssquare_de
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von ssquare_de » 28.01.2012 - 15:18

Hallo XPosition,


finde ich ziemlich gemein von dir, dass du mit dem EGNOS-SDK meine vorerst letzte Trumpfkarte schon verraten hast!
:twisted:

Gut, dass der NEO-6P nun doch auch die Rohdatenausgabe freigeschaltet bekam...
:)


Stefan

Josef Gerstenberg
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Josef Gerstenberg » 29.01.2012 - 00:26

Hallo Stefan,

leider ist im tiefen Busch die GSM/UMTS-Abdeckung noch immer sehr mangelhaft. Nur wenn ein Ort in der Nähe ist, ist sie ok.

Aber auch wenn man die EGNOS-Daten per mobilem Internet empfangen würde, würden sie im Wald nicht viel helfen.

Ich versuche mal zu erläutern, warum das so ist:

Die Satellitenuhren, die Ionosphäre und die Troposphäre verursachten einen Pseudorange-Fehler, der global, groß bis mittelräumig wirkt.
Diese Fehler können durch EGNOS gemindert werden.

Ein Wald verursacht einen lokalen Pseudorange-Fehler (überwiegend durch Beugung und nicht durch Spiegelung), von dem die EGNOS-Kontrollstationen keine Ahnung haben können.
Dieser Fehler kann durch EGNOS nicht gemindert werden.

Die durch einen Wald erzeugten Pseudorange-Fehler habe ich mir gerade bei meinen eigenen Messungen noch einmal angesehen.
Bei senkrecht stehenden Satelliten sind sie fast 0 und bei flach stehenden Satelliten so Pi mal Daumen gleich der Bestandeshöhe.

Ein 25 m hohen Bestand bewirkt also einen maximalen Pseudorangefehler von etwa 25 m.
Das ist etwa die gleiche Größenordnung, wie der Ionosphärefehler (bei friedlicher Sonne).

Rechnet man das mal für einen tiefstehenden Satelliten nach der Regel für unabhängige Fehler aus, dann kommt das dabei heraus:
Fehler Ionosphäre + Wald = 35 m
Fehler nur Wald = 25 m

Fazit: EGNOS im Wald bringt fast nix!

Lieben Gruß
Josef

PS Die Auswirkungen eines Waldes auf die Trägerphase scheint mir noch nie dokumentiert worden zu sein.
Kennst du irgendwelche Literatur zu dem Thema?

Kurt
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Kurt » 29.01.2012 - 02:00

Josef Gerstenberg hat geschrieben: PS Die Auswirkungen eines Waldes auf die Trägerphase scheint mir noch nie dokumentiert worden zu sein.
Kennst du irgendwelche Literatur zu dem Thema?
Hallo Josef, ich kenne die Auswirkungen von Wald auf Frequenzen bei ca. 450 Mhz.
Es kommt zu starken Signaleinbussen.

Das dürfte aber beim GPS nicht zu Laufzeitfehlern wegen Abschwächung des Trägersignals führen.
Eher ist hier eine Geschwindigkeitsveränderung des Signals beim Durchqueren des Waldes wegen der Masse des Waldes zu erwarten.


Gruss Kurt

Hagen.Felix
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Hagen.Felix » 29.01.2012 - 07:53

ssquare_de hat geschrieben: ...
Bevor man also empfängerbestückt ins dichteste Unterholz reinkrabbelt, ...
Liebe Foristen reihum,
mir ist ehrlich gesagt doch etwas unwohl dabei, den Fokus der Diskussion um eine praxisgerechte Erprobung des NEO-6P jetzt so stark auf Messungen mitten im Wald zu sehen!

Das wäre ja ein Einsatz, der die vom Hersteller selbst ausdrücklich genannten Grenzen seiner Bestimmung nicht nur ein wenig, sondern wirklich massiv verletzen würde:
"A positioning improvement can only be expected in an environment with unobstructed sky view during a period on the order of minutes."

Nichts dagegen, eine neu am Markt verfügbare Technik auch mal entgegen ihrer eigentlichen Bestimmung in einer besonders schwierigen Disziplin zu testen, aber für mich ist das vorgesehene Einsatzgebiet doch eher das freie Feld, wo es höchstens mal an einem Waldrand zu einer etwas kniffeligen Herausforderung kommen könnte. Wobei ich dann natürlich schon ganz gerne wissen würde, ob sich in solchen Grenzbereichen überhaupt noch etwas machen ließe (z.B. mit einer radikalen Erhöhung des Elevation-Limits) oder man sich auch bereits an Waldrändern eben ohne großes Murren einfach mal den Gesetzen der Physik beugen muss ...

Aber für mich ist ansonsten sowohl die vorgesehene Bestimmung (eine möglichst saubere Aufzeichnung von Einzelpunkten oder Tracks mit geringer Geschwindigkeit unter freiem Himmel) als auch der Vergleichsmaßstab (GPS-Empfänger der Garmin-Klasse bzw. Standalone-Logger mit z.B. SIRF 3, MTK, SkyTraQ Venus oder eben den verschiedenen Varianten von STMicroelectronics) ziemlich klar. Es geht mir lediglich darum, auf einem gegebenen Preisniveau für ein bestimmtes Einsatzgebiet mit einem hier neu verfügbaren technischen Verfahren hoffentlich so deutliche Verbesserungen erzielen zu können, dass sich der ganze Aufwand dieser Erprobung schließlich auch hinreichend lohnt!

Für jede einigermaßen präzise Messung mitten im tiefen Wald dürfte doch ohnehin nur eine RTK-Anlage in Frage kommen, deren Basisstation auf einer exakt bekannten Position im gleichen Wald steht, oder?

Wobei der NEO-6P aufgrund seiner Rohdatenausgabe prinzipiell auch dafür geeignet wäre, aber in diesem Fall würde das darin eingebaute PPP ja schlagartig völlig bedeutungslos werden ...

Viele Grüße!
Hagen

P.S.: Eine Frage hätte ich gleich noch an die Spezis hier: Wenn EGNOS-Satelliten empfangen und die von ihnen übertragenen Korrekturdaten bereits für PPP genutzt werden, ohne dass es jedoch auch schon für die DGPS-Anzeige im NMEA reicht, werden dann diese Satelliten immer noch nur als "Satelliten in Sicht" (beim NMEA in der GPGSV-Sequenz) oder doch auch schon als "aktive Satelliten" (beim NMEA in der GPGSA-Sequenz) aufgeführt?
Gewerbliche Tätigkeit u.a. im Bereich GNSS (siehe https://www.optimalsystem.de/os.aspx?x=411)
Nachrichten bitte bevorzugt als klassische E-Mail (siehe https://www.optimalsystem.de/os.aspx?x=8)

ssquare_de
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von ssquare_de » 29.01.2012 - 13:58

Hallo Hagen,


in NMEA unter GPGSV werden alle SATs in Sicht aufgeführt, also auch die EGNOS-Vögel, sofern du im Empfänger das SBAS-Subsystem aktiviert hast...und sofern ein Empfang möglich ist.
unter GPGSA können/dürfen die EGNOS-SATs nicht angeführt werden, da EGNOS noch nicht den sogenannten Ranging-Service bereitstellt.

Der soll irgendwann später in einem kommenden EGNOS-Upgrade eingeführt werden.
Dann sind neben den Korrekturdaten und Angaben zur Integrität der einzelnen GPS-Sats auch die EGNOS-Sats wie gewöhnliche GPS-Sats zur Positionsberechnung "aktiv" nutzbar.
Das ist aber derzeit noch Zukunftsmusik.
..."Wenn EGNOS-Satelliten empfangen und die von ihnen übertragenen Korrekturdaten bereits für PPP genutzt werden, ohne dass es jedoch auch schon für die DGPS-Anzeige im NMEA reicht..."
Da bin ich mir im Moment noch etwas unsicher.
Ist erst die DGPS-Anzeige ein Zeichen dafür, dass die SBAS-Korrekturdaten in dem PPP-Verfahren zur Verwendung kommen?
Gut möglich und es spricht auch sehr vieles dafür, aber zu 100% sicher bin ich mir da nicht.



Hagen, du liegst wohl richtig mit deinem Unbehagen und deinem Anliegen, wohl auch was die Übersichtlichkeit dieses Fadens betrifft.

Wir sollten einen weiteren Beitragsfaden eröffnen, in dem speziell auf erschwerte Empfangsbedingungen ( wie z.B. im Wald) eingegangen wird.
Da könnte auf die empfangstechnischen Besonderheiten eingegangen und auch vielleicht allgemeine, praktische Tipps erarbeitet/zusamengetragen werden.
Ob nun ganz allgemein gehalten, systemtechnisch oder typenspezifisch...das können wir uns dann immer noch überlegen...oder uns da erstmal treiben lassen und sehen, was dabei rauskommt.
Theorie und Praxis, wie es eben kommt.

Was meinst du, Josef?



Stefan

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