Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Fragen zu GPS-Empfängern und alles was damit zu tun hat.

Moderator: Roland

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Hagen.Felix
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Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Hagen.Felix » 23.01.2012 - 18:52

Liebe Forenkollegen,

im Ergebnis der bisherigen Tests und angesichts der fortgeschrittenen Entwicklung eines neuartigen Low-Cost-Vermessungsempfängers mit dem soeben von u-blox in den Markt gebrachten GPS-Modul NEO-6P (http://www.u-blox.com/images/stories/Pr ... _final.pdf) möchte ich hiermit nun eine eigene Beitragsreihe zu diesem Modul und den darauf basierenden Empfängervarianten eröffnen.

Diejenige Beitragsreihe (http://www.kowoma.de/gpsforum/viewtopic.php?f=1&t=2951), in der einige Beiträge zum NEO-6P bisher schon geschrieben worden sind, zielt ja eher allgemein darauf, welche Genauigkeiten in welchen Preisklassen heutzutage so möglich bzw. üblich sind. Diese Fragestellung hat durch die PPP-Implementierung von u-blox sicher auch eine neue Antwort bekommen, aber ansonsten scheint mir jetzt doch der Moment gekommen, an dem es ratsam sein dürfte, das Spezielle vom Allgemeinen wieder etwas zu trennen ...

Die Ausgangsbasis meiner Suche und meiner bis jetzt zu diesem Thema schon getätigten Arbeiten lag und liegt übrigens darin, dass in meinem eigentlichen Fachgebiet, dem teilflächenspezifischen Ackerbau, so ziemlich alle Daten geokodiert sind bzw. auch sein müssen. Das geht bei den Schlagumrissen (Feldgrenzen) los und setzt sich bei den Fahrspuren der landtechnischen Arbeitsgeräte fort. Hier in den neuen Bundesländern, wo die Betriebsstrukturen der früheren Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften häufig noch immer bestehen, was sich vor allem auch in relativ großen Flächen der einzelnen Schläge (Felder) äußert, teilt man diese physischen Großflächen mittels Geodaten daher dann in virtuelle Teilflächen, die man mit geeigneter Technik zielgerichtet bewirtschaften kann. Dies nur ganz grob zum fachlichen Hintergrund und damit erklärend, dass sowohl bei mir selbst als auch bei vielen meiner Kunden ein dringender Bedarf an möglichst genauen GNSS-Empfängern besteht. Die Landtechnik-Industrie (allen voran John Deere, die heute selbst schon eigene hochgenaue Systeme anbieten) sowie die Nachrüster (also sowohl die ganz Großen wie Trimble, TopCon, Leica, Hemisphere usw. als auch diverse Spezialisten für landtechnisch angepasste GNSS-Systeme) haben sich in den vergangenen Jahren hier durchaus schon eine goldene Nase verdient, da sich selbst ein fünfstelliger Betrag für ein RTK-Lenksystem noch ganz gut in den üblichen Gesamtpreisen für größere Landmaschinen (z.T. sogar höhere sechsstellige Summen) "verstecken" lässt und v.a. die Großbetriebe im Osten bisher auch immer noch genug Geld dafür in der Kaffeekasse hatten ... :lol:

Jenseits der superteuren Gerätschaften mit eigener Basistation oder Omnistar-Korrektur (bzw. dem adäquaten Pendant von John Deere) wird die Luft jedoch ziemlich schnell auch ziemlich dünn. Da wird dem "armen" Bauern dann auch schon mal ein gewöhnlicher L1-Code-Empfänger mit EGNOS vom großmäuligen Landtechnikhändler mit dem Hinweis auf eine angebliche Genauigkeit von 20 cm für völlig übertriebenes Geld verkauft, wobei mit diesen 20 cm eigentlich nur gemeint ist: Wenn ich mit diesem Empfänger auf dem Traktor erst das Feld hochfahre und ein paar Minuten später wieder auf der nächsten Spur (üblicherweise zwischen 16 und 36 m Abstand) zurück, dann hat die mit diesem Empfänger gemessene Position eine relative Genauigkeit (Spur zu Spur) in dieser Größenordnung. Da dieses sogenannte "Parallelfahren" eine der wichtigsten GNSS-Anwendungen im Ackerbau ist, muss man eine solche Relativität der Genauigkeit ja auch nicht unbedingt verurteilen, aber es gibt darüber hinaus natürlich auch noch andere Anwendungen, bei denen auch die absolute Genauigkeit von Bedeutung ist, z.B. die Vermessung von Feldgrenzen, das Auffinden von zugepflügten Grenzsteinen usw., und hier gibt es bislang eben noch eine gewisse Lücke im Markt. Wer weder kostenpflichtige Korrektursignale wie z.B. OmniStar oder ASCOS noch L1/L2-Empfänger bezahlen will bzw. kann, plagt sich bisher eben mit den o.g. gewöhnlichen L1-Code-Empfängern oder gar mit einfachen Handgeräten in der Liga von Garmin & Co. herum ... :cry:

Für mich war die Ankündigung von u-blox, das PPP-Verfahren (http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fak ... 5-2009.pdf) in einem neuen GPS-Modul zu implementieren, daher von größter Bedeutung. Ich selbst hätte meinen Eigenbedarf ansonsten vielleicht noch mit einem IALA-Kombigerät (Küstenfunk) abdecken können, aber das ist für viele potenzielle Kunden eigentlich schon wieder viel zu kompliziert und in Summe aller Komponenten auch bereits zu teuer. Außerdem hatte ich mit u-blox in den vergangen Jahren sowohl privat als auch bei meinen bisherigen Arbeitgebern eigentlich immer recht gute Erfahrungen machen können! 8)

Nach einigen Gesprächen mit der Schweizer Zentrale von u-blox im vergangenen Herbst sowie dann auch mit dem deutschen Distributor konnte ich schließlich vor einigen Wochen schon mal zwei Engineering Samples des NEO-6P erwerben und in einem Gemeinschaftsprojekt mit Michele von OneTalent GNSS (http://www.onetalent-gnss.com/) in zwei verschiedene Prototypen umsetzen. Diese wurden bis jetzt getestet, so dass sich nun schon erste Ergebnisse zeigen lassen, was die PPP-Implementierung von u-blox unter Praxisbedingungen ermöglicht. Diese Ergebnisse möchte ich nun in den nächsten Beiträgen hier zeigen.

Und "last, but not least" noch der Hinweis darauf, dass u-blox dem NEO-6P zur Serienfertigung auch noch die Rohdatenausgabe spendiert hat! :D

Damit ist dieses Modul nicht nur erste Wahl für preisgünstige Vermessungs-Empfänger in Submeter-Absolutgenauigkeit ohne kompliziertes Technik-Setup, sondern ermöglicht dem ambitionierten Anwender auch eigene RTK-Anwendungen oder weitere Verbesserungen der Genauigkeit im Postprocessing. Daher habe ich mich gemeinsam mit Michele dazu entschlossen, mehrere Varianten von Empfängern mit dem NEO-6P in einer Kleinserie herzustellen und zu vermarkten, wobei ich den Vertrieb hier in Deutschland übernehmen werde. Dies allerdings nur am Rande angemerkt, da ich dieses Forum hier ja auch nicht allzu sehr als Werbeplattform missbrauchen möchte, sondern Euch vielmehr die praktischen Ergebnisse mit dem NEO-6P zeigen will! Und wer daran "Blut geleckt" hat, kann ja durchaus auch selbst zum Lötkolben greifen und sich aus dem Modul (http://shop-emea.u-blox.com/abashop?s=2 ... il&sku=819) einen eigenen Empfänger anfertigen, wie es einige von Euch bislang z.B. auch schon mit dem LEA-xT getan haben ...

So, genug der Vorrede. Nun zu den Ergebnissen!

Bis gleich,
Hagen
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Hagen.Felix
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Hagen.Felix » 23.01.2012 - 19:09

Zunächst habe ich (neben der Variante mit einer integrierten aktiven Helix-Antenne, welche mittlerweile nicht weiter verfolgt wird) den NEO-6P mit einer sehr hochwertigen geodätischen Antenne von NovAtel (GPS-701-GG) getestet. Diese Antenne hat durch ihre Bauform und die NovAtel-eigene "Pinwheel"-Technik eine sehr gute Unterdrückung des Mehrwegempfang (Multipath), so dass sich hiermit recht ordentlich abschätzen lässt, was das eigentliche PPP-Verfahren des NEO-6P bringt.

Und wie es aussieht, hat u-blox mit der Ankündigung dieses Moduls den Mund nicht zu voll genommen! :D

Anbei mal zwei Screenshots aus einem 20minütigen Log vom 14.01.2012, wobei die GPS-701-GG in ca. 1,70 m Höhe auf einem Vermessungsstativ in einer typisch landwirtschaftlichen Umgebung zwischen diversen Feldern am Stadtrand von Grimma befestigt war. Angesichts des eher ungemütlichen Wetters in den vergangenen Wochen sind die Rahmenbedingungen sicher ziemlich suboptimal, so sind z.B. die Felder ringsum bereits relativ nass und bei den Messungen war sogar z.T. auch leichtes Schneegestöber ... :cry:

Bitte auch (noch) nicht daran stören, dass die Positionen nicht wirklich identisch sind! Ich fahre zwar häufig zur gleichen Stelle (an einem geodätischen Festpunkt), aber bei allzu ekligem Wetter ist dann die Antenne trotzdem nur auf dem Autodach ... :lol:

In den kommenden Messungen werde ich jedoch auch noch versuchen, die Reproduzierbarkeit der mit dem NEO-6P gemessenen Positionen zu überprüfen.
Dateianhänge
2012-01-14-NEO6P-NovAtel-Deviation.png
2012-01-14-NEO6P-NovAtel-Deviation.png (2.49 KiB) 32583 mal betrachtet
2012-01-14-NEO6P-NovAtel-Accuracy.png
2012-01-14-NEO6P-NovAtel-Accuracy.png (2.24 KiB) 32583 mal betrachtet
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Überraschung: ANN-MS-0-005 am NEO-6P!

Beitrag von Hagen.Felix » 23.01.2012 - 19:24

Heute durfte ich eine gewisse Überraschung nicht verhehlen ... :mrgreen:

Eigentlich ohne allzu große Hoffnungen auf vernünftige Ergebnisse (noch immer sehr nasse Felder ringsum und eher lausiges Wetter) habe ich an "meinem" TP mal einfach die preisgünstige "Kit"-Antenne von u-blox (ANN-MS-0-005) auf das Autodach gelegt und ein zehnminütiges Log aufgezeichnet.

Fazit: Es bedarf (möglicherweise bzw. in den meisten Fällen) gar keiner so teuren Antenne wie der NovAtel GPS-701 (das wäre für eine Vermarktung des NEO-6P als preisgünstige Submeter-Lösung ja auch ziemlich ungünstig ...)! Wer also mit dem NEO-6P vermessen will, kann das wohl durchaus auch mit einer solch preisgünstigen Patch-Antenne realisieren. Diese vielleicht noch schön über Kopf (z.B. auf einer metallischen Grundplatte am oberen Ende einer Haltestange) bzw. eben einfach magnetisch auf dem Fahrzeugdach, und fertig ... :D

Fazit 2: Es bedarf offensichtlich nicht zwingend eines SBAS-DGPS für die wohltätigen Wirkungen des PPP-Verfahrens! :)

Bis demnächst,
Hagen
Dateianhänge
2012-01-23-NEO6P-AnnMS-Satellites.png
2012-01-23-NEO6P-AnnMS-Satellites.png (5.34 KiB) 32581 mal betrachtet
2012-01-23-NEO6P-AnnMS-Deviation.png
2012-01-23-NEO6P-AnnMS-Deviation.png (4.16 KiB) 32581 mal betrachtet
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XPosition
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von XPosition » 24.01.2012 - 12:45

Hallo Hagen,
erstmal Danke für den tollen Bericht.
Ist wirklich ausführlich und schön geschrieben.
Eine Bereicherung für das Forum hier. :)

Wie sind eigentlich die Farben für die Satelliten zu verstehen ?

Dein Fazit 2 kann ich mir nicht vorstellen.
Könnte mir vorstellen, dass es vor der Messung eine Verbindung zu SBAS gab und Daten schon empfangen wurden.

Wird die Anzeige des "Fix Mode" sofort geändert falls kein SBAS Satellit vorhanden ist ?
Ich schätze mal, dass die SBAS Daten 2 Stunden lang benutzt werden.
Könntest du dazu mal deinen Kundendienst anfragen. ;)

Es gibt auch die Möglichkeit, die SBAS Daten online via Internet zu holen.
Das wäre vielleicht auch eine Möglichkeit...

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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von ssquare_de » 24.01.2012 - 13:25

Hallo XPosition,

die Bedeutung der unterschiedlichen Farben ist im UserGuide von ucenter auf Seite 12 schön erklärt:
http://www.u-blox.com/images/downloads/ ... 007%29.pdf

Doch, das Glätten der Pseudoranges mit Hilfe der Trägerphasenmessungen geht prinzipiell auch ohne SBAS-Korrekturwerte.
Mit SBAS kann man aber noch genauere Ergebnisse erzielen.
Das Glätten (smoothing) beruht zur Hauptsache darauf, dass die Trägerphasen bei weitem nicht so anfällig für Multipath sind, wie die Pseudoranges.

Wir (= Hagen :) )müssen jetzt nur noch darauf achten, wie sich ein Empfangsabriss der SBAS-Signale auf die berechnete Position auswirkt.

Hintergrund sind die Verschieden gelagerten Bezugssysteme:
autonomes GPS derzeitig = WGS84(G1150)
SBAS korrigiertes GPS = ITRF2000

Vermutlich wird man ein "Davonlaufen" der Position bemerken, wenn der SBAS-Datenstrom ausbleibt....oder auch, wenn er wieder einsetzt.
Damit wird dann wohl der Wechsel ins jeweils andere Bezugssystem deutlich werden
Das muss aber noch validiert werden.

Entweder durch Anfrage bei ublox selbst ...oder, langwieriger, draussen im Feld durch eigene Versuche... :)

Stefan
Zuletzt geändert von ssquare_de am 24.01.2012 - 14:40, insgesamt 1-mal geändert.

Hagen.Felix
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Hagen.Felix » 24.01.2012 - 13:30

XPosition hat geschrieben: ...
Wie sind eigentlich die Farben für die Satelliten zu verstehen ?
...
Wenn man vom Empfänger auch UBX bekommt, werden die "normal" zum Fix verwendeten Satelliten nach wie vor in diesem leuchtend hellen Grün angezeigt.
Diejenigen jedoch, deren Pseudoranges mit den Trägerphasen-Messungen geglättet werden, erscheinen dann in diesem etwas dunkleren Grün ...
XPosition hat geschrieben: ...
Dein Fazit 2 kann ich mir nicht vorstellen.
...
Nun ja, das wird aus den von mir gezeigten Screenshots natürlich nicht so ersichtlich.
Aber bei den zahlreichen Testmessungen, die ich bisher schon mit den zwei Engineering Samples durchgeführt habe, wurde eigentlich schon recht deutlich erkennbar, dass der PPP-Effekt auch ohne SBAS eintritt.

Die Dokumentaristen von u-blox haben ja auch in der Beschreibung explizit angegeben, dass alternativ auch die Ionosphären-Korrekturen der GPS-Satelliten selbst verwendet werden:
"Precise Point Positioning (PPP) is a premium feature which offers enhanced positioning accuracy by utilizing the carrier phase measurements to smooth the pseudoranges measured to the satellites. The algorithm needs continuous carrier phase measurements to be able to smooth the pseudorange measurements effectively. Additionally ionospheric corrections like those received from SBAS or from GPS are required. A positioning improvement can only be expected in an environment with unobstructed sky view during a period on the order of minutes."

Ich werde bei den weiteren Messungen, wenn die Serienexemplare endlich mal da sind (diese oder nächste Woche), aber auch mal etwas detaillierter dokumentieren, wie lange es vom Start bis zum PPP jeweils braucht und welche Satelliten dabei einbezogen werden ...

Viele Grüße,
Hagen
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XPosition
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von XPosition » 24.01.2012 - 22:58

Via GPS Subframe 4 werden zwar auch ionosphärische Daten übermittelt,
die sind aber weitaus schlechter als von SBAS.
Sollten sie zumindest sein. :)

Zur Zeit sollte sich das übrigens noch stärker auswirken:
Die Sonne ist gerade aktiv.

Deichgraf
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Deichgraf » 25.01.2012 - 12:04

@ Hagen,
welchen Wert setzt du für die Elevationsmaske fest?

ssquare_de
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von ssquare_de » 25.01.2012 - 14:17

Hallo,


wen die technischen Hintergründe der "carrier smoothed pseudoranges" stärker interessieren, der findet in dem PDF
http://forschung.unibw-muenchen.de/pape ... 6sjegv.pdf
rund um Seite 66 interessante Hinweise.

Hingewiesen wird auf die Vorzüge des Verfahrens, die Rauschreduzierung der Pseudorangemesswerte im Empfänger und eine ordentliche Entschärfung deren Anfälligkeiten für Multipath.
Ebenso wird erwähnt, dass die optimale Funktionsfähigkeit des Verfahrens eng an eine möglichst gute, immer aktualisierte Modellierung der Ionosphäre am Empfängerort gebunden ist.
Besonders rasche Veränderungen in der Ionosphäre können das Verfahren negativ beeinflussen.

Nachdem ja SBAS sehr viel detailliertere (örtlich, wie auch zeitlich) Ionosphärenwerte übermittelt, als das vergleichsweise grobe Modell,
das auch dem unkorrigiertem GPS vorliegt, kann man sich den Verfahrensvorteil besonders in Verbindung mit der SBAS-Auswertung vorstellen,
so wie das auch von ublox angegeben wird.

Weniger abstrakt und etwas "lesefreundlicher" liest es sich möglicherweise hier
http://waas.stanford.edu/~wwu/papers/gp ... NNTM07.pdf
gleich zu Beginn.

Wie das nun ganz genau im NEO-6P funktioniert, bleibt natürlich in den Tiefen der Firmware verborgen.
Aber so ganz ungefähr müsste es auch da drinnen ablaufen.
:)


Stefan

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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Hagen.Felix » 25.01.2012 - 18:35

Deichgraf hat geschrieben:@ Hagen,
welchen Wert setzt du für die Elevationsmaske fest?
Habe in den letzten Tagen immer mal versucht, die Unterschiede zwischen 5 und 15 Grad zu erkennen.
Bei einer Verringerung der Anzahl genutzter Satelliten um ungefähr 2-3 Stück nach dem Wechsel von 5 auf 15 Grad wurde die 2D-Accuracy eigentlich immer noch etwas schlechter.
Ich habe die Messungen daher dann zumeist mit 5 Grad (was auch die von u-blox gesetzte Voreinstellung ist) durchgeführt ...
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Vergleichsmessungen ohne und mit SBAS (Ort & Zeit gleich)

Beitrag von Hagen.Felix » 25.01.2012 - 19:20

Um der in den vergangenen Beiträgen schon einige Male angesprochenen Frage nachzugehen, inwiefern SBAS für die PPP-Verbesserungen im NEO-6P wirksam bzw. notwendig ist, habe ich heute mal (trotz des aktuellen Sonnensturms) eine entsprechende Vergleichsmessung durchgeführt.

Beide Aufzeichnungen liefen dazu jeweils über 10 Minuten.

Siehe dazu die folgenden Beiträge …
Zuletzt geändert von Hagen.Felix am 25.01.2012 - 19:47, insgesamt 1-mal geändert.
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1) Gänzlich deaktiviertes SBAS-Subsystem

Beitrag von Hagen.Felix » 25.01.2012 - 19:23

  • Antenne u-blox ANN-MS auf dem Autodach
    Kaltstart mit deaktiviertem SBAS-Subsystem
    3D-Fix nach ca. 20 Sekunden
    PPP (olivgrüne Satellitenanzeige) nach ca. 8 Minuten
Dateianhänge
2012-01-25-NEO6P-AnnMS-ohne-SBAS-Satellites.png
2012-01-25-NEO6P-AnnMS-ohne-SBAS-Satellites.png (4.94 KiB) 32402 mal betrachtet
2012-01-25-NEO6P-AnnMS-ohne-SBAS-Deviation.png
2012-01-25-NEO6P-AnnMS-ohne-SBAS-Deviation.png (5.15 KiB) 32402 mal betrachtet
2012-01-25-NEO6P-AnnMS-ohne-SBAS-Accuracy.png
2012-01-25-NEO6P-AnnMS-ohne-SBAS-Accuracy.png (4.47 KiB) 32402 mal betrachtet
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2) EGNOS aktiviert, jedoch kein DGPS-Fix

Beitrag von Hagen.Felix » 25.01.2012 - 19:24

  • Antenne u-blox ANN-MS unverändert an gleicher Stelle auf dem Autodach
    Kaltstart mit aktiviertem SBAS-Subsystem (manuell mit 2 Suchkanälen auf PRN 120 u. 124)
    3D-Fix ebenso nach ca. 20 Sekunden
    PPP (olivgrüne Satellitenanzeige) nach ca. 2 Minuten
    DGPS-Fix jedoch zu keinem Zeitpunkt dieser Messung
Dateianhänge
2012-01-25-NEO6P-AnnMS-mit-EGNOS-Satellites.png
2012-01-25-NEO6P-AnnMS-mit-EGNOS-Satellites.png (5.14 KiB) 32401 mal betrachtet
2012-01-25-NEO6P-AnnMS-mit-EGNOS-Deviation.png
2012-01-25-NEO6P-AnnMS-mit-EGNOS-Deviation.png (5.3 KiB) 32401 mal betrachtet
2012-01-25-NEO6P-AnnMS-mit-EGNOS-Accuracy.png
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Fazit der Vergleichsmessungen ohne und mit SBAS

Beitrag von Hagen.Felix » 25.01.2012 - 19:25

1) Wie schon von allen bisherigen Beiträgen erwartet worden war, wird die PPP-Qualität mit EGNOS-Korrekturdaten deutlich besser, auch wenn es zum DGPS-Fix noch nicht reicht. :D

2) PPP an sich wird jedoch auch gänzlich ohne SBAS durchgeführt, wie von u-blox zugesagt ... :mrgreen:

Bis später!
Hagen
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Re: Low-Cost-Vermessungsempfänger mit dem u-blox NEO-6P

Beitrag von Hagen.Felix » 25.01.2012 - 20:59

ssquare_de hat geschrieben: ...
wen die technischen Hintergründe der "carrier smoothed pseudoranges" stärker interessieren
...
Vorzüge des Verfahrens ... eine ordentliche Entschärfung deren Anfälligkeiten für Multipath.
...
Dies dürfte wohl auch erklären, warum in den bisherigen Vergleichsmessungen die superteure NovAtel-Antenne mit ihrer hervorragenden Multipath-Abschirmung gar nicht so viel besser abgeschnitten hat als die "Kit"-Antenne von u-blox ...

Oder umgekehrt betrachtet: warum das von u-blox im NEO-6P implementierte PPP-Verfahren für uns "low-cost"-Interessenten quasi doppelt attraktiv ist, da man dessen Vorteile auch schon mit einer preisgünstigen Antenne realisieren kann! :D

Viele Grüße aus Grimma!
Hagen
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