Hydraulik über CAN am John Deere ansteuern?

Hier passt alles rein, was sonst nirgendwo passt. Dafür wurde extra das schöne deutsche Wort "Off-Topic" erfunden.

Moderator: Roland

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wrosner
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Hydraulik über CAN am John Deere ansteuern?

Beitrag von wrosner » 26.02.2013 - 22:52

Hallo, in der Runde,

wahrscheinlich gibt es für diese Frage passendere Foren (ja, und ich weiß auch, was google ist), aber es gehört doch zum weiteren Kreis der Fragen rund um's precision Farming:

Am Ende der Messung (Abweichung von der Zielspur) steht die Tat, und die bedeutet oft, per Hydraulikzylinder ein Gerät zu verschieben oder Lenkräder o. ä zu betätigen, um eine Zielspur zu erreichen.

Dazu gibt es natürlich Ventile, die gut und teuer sind.
Aber wenn man einen modernen Schlepper hat, sind diese guten teuren Ventile oft schon drin, und vermutlich sogar über einen CAN-Bus +- microcontrollergerecht vorbereitet. Fragt sich nur, wie man die genau anspricht.

Ist das irgendwo dokumentiert? Normiert? Für Autos gibt es SAE-Normen, aber für Schlepper? Hat jemand vielleicht Zugang zu den Daten? Hat jemand schon mal versucht, seinen Traktor zu "hacken" - sorry, dem "reverse engineering" zu unterziehen? Immerhin sprechen wir hier ja nicht von Modulen für 'ne Hand voll Euros. Gibts da vielleicht sogar herstellerübergreifende Standards?

Und wenn wir schon mal am CAN-Hacken sind:
Da gäbe es noch eine Menge anderer interessanter Daten, die wahrscheinlich auf diesem Bus rum turnen (wie kämen sie sonst ins Display?):
Fahrgeschwindigkeit, z.B.
Oder Motordrehzahl, Zapfwellendrehzahl, Hubhöhe der Dreipunkt, Betätigung manuell angesteuerter Hydraulikfunktionen.
Alles interessant, um z. B. automatische Dokumentationsfunktionen drauf aufzubauen.

Jaaaa, und am Ende werden wir gar noch frech. Könnten wir nicht auch per CAN Gas geben, Fahrstufe einlegen, Geschwindigkeitsvorwahl ansteuern? Nicht daß ich meine Kiste jetzt von Sofa aus fahren möchte (wobei der Gedanke durchaus seinen Reiz hätte :wink: ). Aber grad präzise Parallelfahrsysteme baut man vielleicht ja auf komplizierte, Überwachungsintensive Maschinen drauf. Und da ist der übliche Fahrersitz über der Hinterachse des Traktors eher selten der optimale Platz. ... plough by wire :idea:

Ja, ich weiß, das ist sicherheitsrelevant, vermutlich sogar verboten.
Aber nachdenken darf man ja mal...

Hagen.Felix
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Re: Hydraulik über CAN am John Deere ansteuern?

Beitrag von Hagen.Felix » 26.02.2013 - 23:16

wrosner hat geschrieben: ... vermutlich sogar über einen CAN-Bus +- microcontrollergerecht vorbereitet. Fragt sich nur, wie man die genau anspricht.
...
Könnten wir nicht auch per CAN Gas geben, Fahrstufe einlegen, Geschwindigkeitsvorwahl ansteuern?
...
Ich habe mal vor ein paar Jahren eine Teilbreitenschaltung geschrieben, mit der man über (herstellerspezifische) CAN-Befehle die einzelnen Segmente einer Pflanzenschutzspritze ein- und ausschalten konnte, und in diesem Zusammenhang ein wenig an der Oberfläche gekratzt beim Thema CAN.

Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, sind jegliche Befehle, die von außen die Zugmaschine steuern oder auch nur beeinflussen könnten, nicht nur pro forma "illegal", sondern auch de facto blockiert.

Es gab wohl auch schon öfter diverse Wünsche in dieser Richtung, beispielsweise um auf der Grundlage von Sensordaten vom angehängten bzw. gezogenen Arbeitsgerät Einfluss auf die Geschwindigkeit nehmen zu können.

Bei Nachrüstungen von automatischen Lenkungen wird daher direkt an die Hydraulik gegangen und nicht nur an den CAN-Bus, wobei es möglicherweise schon einige herstellerspezifische Ausnahmen geben könnte (Sonderlösung des Traktorherstellers X für den "Haus-und-Hof"-Nachrüster Y), aber da bin ich jetzt nicht mehr allzu gut informiert.

Wenn aber die Alternative so ein blöder Lenkradaufsatz ist (oder gar der "Monster-Dynamo" mit angepresster Gummilaufrolle), dann doch lieber mal ein bisserl Sauerei mit Hydrauliköl, oder? :)
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wrosner
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Re: Hydraulik über CAN am John Deere ansteuern?

Beitrag von wrosner » 27.02.2013 - 18:34

Hagen.Felix hat geschrieben: Bei Nachrüstungen von automatischen Lenkungen wird daher direkt an die Hydraulik gegangen und nicht nur an den CAN-Bus,
Nun, ich denke die Lenkung des Traktors ist neben der Bremse so ziemlich das einzige, was nicht über CAN gesteuert wird.
Ich dachte da auch erst mal nicht dran, den Traktor zu lenken, sondern Anbaugeräte (mit eigenen Achs-/Deichsellenkungen, Verschieberahmen, Hydraulischen Unterlenkerstrebenm, Sechscheiben o.ä.)
Hagen.Felix hat geschrieben: (Sonderlösung des Traktorherstellers X für den "Haus-und-Hof"-Nachrüster Y), aber da bin ich jetzt nicht mehr allzu gut informiert.
Klar, wenn ich mit einem Gerät in Serie gehen möchte, ist es vermutlich einfacher, die eigenen Hydraulik einzubauen, also um jeden individual-Kram der verschiedenen Traktor-Hersteller rum zu entwickeln.
Hagen.Felix hat geschrieben: Wenn aber die Alternative so ein blöder Lenkradaufsatz ist (oder gar der "Monster-Dynamo" mit angepresster Gummilaufrolle), dann doch lieber mal ein bisserl Sauerei mit Hydrauliköl, oder? :)
Ja, diese Lenkraddreher sind mir auch nicht wirklich sympathisch. Irgenwo im Web (wars bei Sauer-Danfoss?) hatte ich mal ein Ventil gesehen, das speziell für diesen Zweck entwickelt war und sogar auch noch TÜV-Fähigkeit versprochen hat.

Aber in erster Linie gings mir um die Zusatzsteuergeräte. Die läßt sich JD immerhin für 1500 Euro das Stück vergüten. Dürften vermutlich schrittmotorgetriebene Bucher-Ventile sein. Aber nun gut, über externe Load-Sensing-Proportionalventile läßt sich das wohl auch für ein drittel realisieren.

wrosner
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Re: Hydraulik über CAN am John Deere ansteuern?

Beitrag von wrosner » 01.03.2013 - 16:44

Hab da grad mal was ergoogelt, was aber auch nicht wirklich weiter hilft
ISOBUS –
eine systematische Betrachtung der Norm ISO 11783
Matthias Rothmund, Martin Wodok
OSB AG
...
Abstract: ISOBUS-Systeme sind Anwendungen der ISO 11783. Diese Norm re-
gelt Kommunikation und Schnittstellen für die geräteübergreifende elektronische
Verbindung, Steuerung und Bedienung von Komponenten in Traktoren und Ar-
beitsmaschinen. Der Beitrag gibt einen systematischen Überblick über die Funk-
tionen des komplexen Normenwerks.
....
2.5 Tractor ECU
Im Teil 9 der Norm ist die Tractor ECU als Informationsbrücke zwischen dem geschlos-
senen Traktor-Bus und dem offenen ISOBUS definiert [ISO]. Es muss dort ein Mini-
mum an Information zu Power Management, Geschwindigkeit, Hubwerks- und Zapfwel-
lenstatus
, Beleuchtungsstatus und Spracheinstellungen ausgetauscht werden. Optional
können weitere Informationen ausgetauscht und Kommandos an Hubwerk, Zapfwelle
und Hydraulikventile
des Traktors gegeben werden.
Soweit ich mich an die Verkaufsgespräche erinnern kann, kostet die ISOBUS-Option irgendwas im höheren 4-stelligen Euro-Bereich. Imho klassicher Fall von Abzocke mit High-Tech-Gerüchen. Und ich brauch auch nicht die Fuktion eines Terminal-Widget-Baukastens, die vermutlich den Aufwand, ISOBUS zu implementieren deutlich nach oben treibt.

Hagen hat wohl recht. Die Entwickler der Bord-Busse wollen diese Spielwiese so lange als nur irgend möglich gegen den Zugriff der Endkunden (die ja immerhin für die Geräte nicht wenig Geld auf den Tisch gelegt haben) verteidigen.

Ach, was waren das noch Zeiten, als man Einspritzpumpe und Hydraulikventile notfalls mit Bindfaden fernsteuern konnte :(

tomi_wunder
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Re: Hydraulik über CAN am John Deere ansteuern?

Beitrag von tomi_wunder » 16.09.2013 - 11:29

Hi,
das Thema ist jetzt ja schon ein Weilchen her, aber mich interessiert das unter Anderem auch.
Nun, ich denke die Lenkung des Traktors ist neben der Bremse so ziemlich das einzige, was nicht über CAN gesteuert wird.
Das kann man so allgemein eigentlich gar nicht sagen. Ich hab einen 7530er Hirsch mit einer AutoTrac-Ausrüstung drin. Bei dem Schlepper besteht das im wesentlichen aus einem Lenkorbitrol, das eben auch über ein Magnetventil angesteuert wird und das widerum geht über den CAN.

Jetzt muß man allerdings einräumen, CAN ist nicht gleich CAN. Konkret heißt das, daß in dem Schlepper nicht nur ein, sondern meherer CAN-Busse drin sind, die jeweils unterschiedliche "Steuergeräte" (Deere Jargon) miteinander vernetzen. Hintergrund für die Trennung sind zum einen Sicherheitsüberlegungen (was passiert, wenn irgendein Steuergerät nen Bug in der FW hat oder eine Leitungsstörung unerkannte Verfälschungen von Telegrammen verursacht...), zum anderen gehts aber auch schlicht und ergreifend darum, daß ein allumfassender Bus einem hohen "Verkehrsaufkommen" ausgesetzt wäre, was zu vielen Kollisionen (bzw beim CAN eigentlich Blockieren der Sendemöglichkeit für einen Teilnehmer), aber auch bei der Fehlersuche wär ein monolithischer Bus nicht besonders vorteilhaft.

Weiters sind die Hirsche der größeren R-Serien (hab leider selber noch keinen) sehr wohl im Stande via CAN bestimmte Befehle entgegenzunehmen, die die Fahrtgeschwindigkeit drosseln und Anbaugeräteaktionen (Hydraulik, Zapfwelle, Dreipunkt,...) auslösen – Stichwort ITEC Pro und automatisches Vorgewendemanagement. Nur wie die Befehlstelegramme auszusehen haben – ...

Das zu Reverse-Engineeren würde mich eigentlich schon reizen, nur fürchte ich, das wird eine Lebensaufgabe und in Mannheim/Moline mach ich mir damit nicht besonders viele Freunde.

Noch eine weitere erwähnenswerte Sache wäre sicherlich das TIM (Tractor Implement Management), wobei das Anbaugerät ebenfalls bestimmte Funktionen des Traktors steuert (findet u.a. im Zusammenhang mit Rundballenpressen regelmäßig erwähnung).

Gibts eigentlich deinerseits schon eine Strategie, wie du die Lenksystem-Integrationsgeschichte konkret implementieren willst?

MfG
Tom

Hagen.Felix
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Re: Hydraulik über CAN am John Deere ansteuern?

Beitrag von Hagen.Felix » 16.09.2013 - 13:10

tomi_wunder hat geschrieben: ...
Das zu Reverse-Engineeren würde mich eigentlich schon reizen, nur fürchte ich, das wird eine Lebensaufgabe und in Mannheim/Moline mach ich mir damit nicht besonders viele Freunde.

Noch eine weitere erwähnenswerte Sache wäre sicherlich das TIM (Tractor Implement Management), wobei das Anbaugerät ebenfalls bestimmte Funktionen des Traktors steuert (findet u.a. im Zusammenhang mit Rundballenpressen regelmäßig erwähnung).

Gibts eigentlich deinerseits schon eine Strategie, wie du die Lenksystem-Integrationsgeschichte konkret implementieren willst?
...
Moin Tom,
der Wolfgang Rosner hatte seinerzeit ganz schön viel Wirbel hier im Forum gemacht, aber dann urplötzlich gar nichts mehr von sich hören lassen. :?

Allerdings, als praktizierender Landwirt ist die verfügbare Zeit für solche Themen ja immer recht stark abhängig von der Jahreszeit, nicht wahr? :roll:

Ob es trotzdem noch weitere Interessenten für dieses spezielle Thema in diesem Forum gibt, weiß ich nicht.

Im Zweifelsfalle ist das ja dann doch schon ziemlich weit vom eigentlichen Gegenstand (GNSS) entfernt, oder? :shock:

Ich vermute ja ohnehin schon, dass Neulinge, die erstmalig auf dieses Forum stoßen, von mancherlei Erörterungen doch etwas erschrocken sein könnten, von wegen zu viel Voodoo und Fachchinesisch ... :wink:

Ich selbst bin seit einiger Zeit auch kaum noch allzu sehr mit Anwendungen direkt im Ackerbau beschäftigt, daher hat mein Interesse an diesem Thema auch etwas nachgelassen. :(

Obwohl die Frage, welche Traktorfunktionen in welcher Weise über CAN bzw. ISO-Bus gesteuert werden, aus Sicht eines potenziellen Reverse Engineering ja geradezu verlockend erscheint. :wink:

Ich vermute nämlich auch, dass hierbei noch keine echte Kryptografie (ggfs. in Hardware) zum Einstz kommt ... :roll:

Viele Grüße aus Grimma,
Hagen
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