im Ergebnis der bisherigen Tests und angesichts der fortgeschrittenen Entwicklung eines neuartigen Low-Cost-Vermessungsempfängers mit dem soeben von u-blox in den Markt gebrachten GPS-Modul NEO-6P (http://www.u-blox.com/images/stories/Pr ... _final.pdf) möchte ich hiermit nun eine eigene Beitragsreihe zu diesem Modul und den darauf basierenden Empfängervarianten eröffnen.
Diejenige Beitragsreihe (http://www.kowoma.de/gpsforum/viewtopic.php?f=1&t=2951), in der einige Beiträge zum NEO-6P bisher schon geschrieben worden sind, zielt ja eher allgemein darauf, welche Genauigkeiten in welchen Preisklassen heutzutage so möglich bzw. üblich sind. Diese Fragestellung hat durch die PPP-Implementierung von u-blox sicher auch eine neue Antwort bekommen, aber ansonsten scheint mir jetzt doch der Moment gekommen, an dem es ratsam sein dürfte, das Spezielle vom Allgemeinen wieder etwas zu trennen ...
Die Ausgangsbasis meiner Suche und meiner bis jetzt zu diesem Thema schon getätigten Arbeiten lag und liegt übrigens darin, dass in meinem eigentlichen Fachgebiet, dem teilflächenspezifischen Ackerbau, so ziemlich alle Daten geokodiert sind bzw. auch sein müssen. Das geht bei den Schlagumrissen (Feldgrenzen) los und setzt sich bei den Fahrspuren der landtechnischen Arbeitsgeräte fort. Hier in den neuen Bundesländern, wo die Betriebsstrukturen der früheren Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften häufig noch immer bestehen, was sich vor allem auch in relativ großen Flächen der einzelnen Schläge (Felder) äußert, teilt man diese physischen Großflächen mittels Geodaten daher dann in virtuelle Teilflächen, die man mit geeigneter Technik zielgerichtet bewirtschaften kann. Dies nur ganz grob zum fachlichen Hintergrund und damit erklärend, dass sowohl bei mir selbst als auch bei vielen meiner Kunden ein dringender Bedarf an möglichst genauen GNSS-Empfängern besteht. Die Landtechnik-Industrie (allen voran John Deere, die heute selbst schon eigene hochgenaue Systeme anbieten) sowie die Nachrüster (also sowohl die ganz Großen wie Trimble, TopCon, Leica, Hemisphere usw. als auch diverse Spezialisten für landtechnisch angepasste GNSS-Systeme) haben sich in den vergangenen Jahren hier durchaus schon eine goldene Nase verdient, da sich selbst ein fünfstelliger Betrag für ein RTK-Lenksystem noch ganz gut in den üblichen Gesamtpreisen für größere Landmaschinen (z.T. sogar höhere sechsstellige Summen) "verstecken" lässt und v.a. die Großbetriebe im Osten bisher auch immer noch genug Geld dafür in der Kaffeekasse hatten ...

Jenseits der superteuren Gerätschaften mit eigener Basistation oder Omnistar-Korrektur (bzw. dem adäquaten Pendant von John Deere) wird die Luft jedoch ziemlich schnell auch ziemlich dünn. Da wird dem "armen" Bauern dann auch schon mal ein gewöhnlicher L1-Code-Empfänger mit EGNOS vom großmäuligen Landtechnikhändler mit dem Hinweis auf eine angebliche Genauigkeit von 20 cm für völlig übertriebenes Geld verkauft, wobei mit diesen 20 cm eigentlich nur gemeint ist: Wenn ich mit diesem Empfänger auf dem Traktor erst das Feld hochfahre und ein paar Minuten später wieder auf der nächsten Spur (üblicherweise zwischen 16 und 36 m Abstand) zurück, dann hat die mit diesem Empfänger gemessene Position eine relative Genauigkeit (Spur zu Spur) in dieser Größenordnung. Da dieses sogenannte "Parallelfahren" eine der wichtigsten GNSS-Anwendungen im Ackerbau ist, muss man eine solche Relativität der Genauigkeit ja auch nicht unbedingt verurteilen, aber es gibt darüber hinaus natürlich auch noch andere Anwendungen, bei denen auch die absolute Genauigkeit von Bedeutung ist, z.B. die Vermessung von Feldgrenzen, das Auffinden von zugepflügten Grenzsteinen usw., und hier gibt es bislang eben noch eine gewisse Lücke im Markt. Wer weder kostenpflichtige Korrektursignale wie z.B. OmniStar oder ASCOS noch L1/L2-Empfänger bezahlen will bzw. kann, plagt sich bisher eben mit den o.g. gewöhnlichen L1-Code-Empfängern oder gar mit einfachen Handgeräten in der Liga von Garmin & Co. herum ...

Für mich war die Ankündigung von u-blox, das PPP-Verfahren (http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fak ... 5-2009.pdf) in einem neuen GPS-Modul zu implementieren, daher von größter Bedeutung. Ich selbst hätte meinen Eigenbedarf ansonsten vielleicht noch mit einem IALA-Kombigerät (Küstenfunk) abdecken können, aber das ist für viele potenzielle Kunden eigentlich schon wieder viel zu kompliziert und in Summe aller Komponenten auch bereits zu teuer. Außerdem hatte ich mit u-blox in den vergangen Jahren sowohl privat als auch bei meinen bisherigen Arbeitgebern eigentlich immer recht gute Erfahrungen machen können!

Nach einigen Gesprächen mit der Schweizer Zentrale von u-blox im vergangenen Herbst sowie dann auch mit dem deutschen Distributor konnte ich schließlich vor einigen Wochen schon mal zwei Engineering Samples des NEO-6P erwerben und in einem Gemeinschaftsprojekt mit Michele von OneTalent GNSS (http://www.onetalent-gnss.com/) in zwei verschiedene Prototypen umsetzen. Diese wurden bis jetzt getestet, so dass sich nun schon erste Ergebnisse zeigen lassen, was die PPP-Implementierung von u-blox unter Praxisbedingungen ermöglicht. Diese Ergebnisse möchte ich nun in den nächsten Beiträgen hier zeigen.
Und "last, but not least" noch der Hinweis darauf, dass u-blox dem NEO-6P zur Serienfertigung auch noch die Rohdatenausgabe spendiert hat!

Damit ist dieses Modul nicht nur erste Wahl für preisgünstige Vermessungs-Empfänger in Submeter-Absolutgenauigkeit ohne kompliziertes Technik-Setup, sondern ermöglicht dem ambitionierten Anwender auch eigene RTK-Anwendungen oder weitere Verbesserungen der Genauigkeit im Postprocessing. Daher habe ich mich gemeinsam mit Michele dazu entschlossen, mehrere Varianten von Empfängern mit dem NEO-6P in einer Kleinserie herzustellen und zu vermarkten, wobei ich den Vertrieb hier in Deutschland übernehmen werde. Dies allerdings nur am Rande angemerkt, da ich dieses Forum hier ja auch nicht allzu sehr als Werbeplattform missbrauchen möchte, sondern Euch vielmehr die praktischen Ergebnisse mit dem NEO-6P zeigen will! Und wer daran "Blut geleckt" hat, kann ja durchaus auch selbst zum Lötkolben greifen und sich aus dem Modul (http://shop-emea.u-blox.com/abashop?s=2 ... il&sku=819) einen eigenen Empfänger anfertigen, wie es einige von Euch bislang z.B. auch schon mit dem LEA-xT getan haben ...
So, genug der Vorrede. Nun zu den Ergebnissen!
Bis gleich,
Hagen