Höhenangaben bei GPS: Höhe über Geoid, Höhe über NN

Fragen zu GPS-Empfängern und alles was damit zu tun hat.

Moderator: Roland

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DL1EKC

Höhenangaben bei GPS: Höhe über Geoid, Höhe über NN

Beitrag von DL1EKC » 17.09.2005 - 16:40

Hallo GPS-Gemeinde,

nun steht hier ein "geodätischer Laie" vor einem Problem und kommt selbst nicht weiter:

Ich stehe vor der Aufgabe, daß ich die Höhe an div. Orten messen möchte und weiß nun nicht, wie ich das per GPS-Empfänger ermittelte Ergebnis interpretieren soll. Über die Einschränkungen des GPS-Systems bzgl. Höhenmessungen bin ich mir im Klaren.

U.a. den hervorragend gemachten Artikeln auf kowoma.de entnehme ich, daß die GPS-Empfänger die Höhe wie folgt bestimmen:

1) Bestimmung der 3-dimenionalen Position im Raum
2) Berechnung der Höhe über dem gewählten Ellipsoiden
3) Interpolation der Geoidhöhe am ermittelten Standort anhand fest eingespeicherter Geoid-Informationen
4) Berechnung und Anzeige der eigenen Höhe über dem Geoid.

So weit, so schön.

Folgende Fragen konnte ich bisher nicht lösen:

Den Ellipsoid wähle ich im Empfänger ja über das Kartendatum aus -> OK.

Aber:

Gibt es nur ein Geoid ? Nach meinem Verständnis enthalten die im Gerät gespeicherten Geoid-Informationen die Höhendifferenz des Geoid zum Referenzellipsoid. Da über das Kartendatum viele verschiedene Referenzellipsoide möglich sind (und man sogar eigene basteln kann), ergibt sich die Frage: Hat das Gerät für jeden Ellipsoiden eine eigene Datenbank mit Geoidinformationen (riesige Datenmenge !), oder stimmt die Höhenangabe nur bei einem bestimmten Ellipsoid, z.B. WGS84? Oder wird immer auf einem bestimmten Ellipsoiden (WGS84 ?) umgerechnet? Das könnte Umrechnungsfehler ergeben, wenn man einen anderen Ellipsoiden verwendet.

Wo sind die Daten gespeichert? Im Chipsatz (Sirf-II), oder im Gerät?

Hintergrund der Frage: Wenn die Daten im Chipsatz stecken, müßte jeder GPS-Empfänger zum gleichen Ergebnis kommen. Stecken die Daten im Gerät, erwarte ich (qualitative) Unterschiede bei den verschiedenen Herstellern/Modellen, z.B. auch bzgl. der Aufösung des Geoid-Gitters, das zur Interpolation benutzt wird.

Und was mich ja völlig irritiert:

Wenn ich nun die Höhe über NN angeben soll: Wie mache ich das?

Normal-Null (NN) scheint ja nun in jedem Land anders definiert zu sein. In Deutschland wird meines Wissens der mittlere Amsterdamer Pegel als NN definiert. Wie komme ich denn nun von der Höhe über Geoid auf die Höhe über NN?! :shock:

Ist der Unterschied am Ende nur akademischer Natur?

Auf Erleuchtung hoffend und in der Hoffnung, daß das alles nicht zu viel war ...

Marcus

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Roland
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Beitrag von Roland » 18.09.2005 - 00:52

Hallo Marcus,

Deine Fragen lassen mich nicht schlafen ...

Bis in alle Einzelheiten kann ich nicht antworten, aber einen Anfang will ich machen:
Gibt es nur ein Geoid ?
Ja. Und Nein.
Von der Theorie her ist das Geoid der auch unter den Kontinenten gedachte ruhende Meeresspiegel ( das mit der Äquipotentialfläche lassen wir mal ). Praktisch muss es aus weltweiten Messwerten berechnet werden und da gibt es verschiedene Lösungen, z.B zu verschiedenen Zeiten. Jetzt weiß ich nicht, ob das EGM96, das Erd-Geoid-Modell 1996 das in den zivilen Empfängern gespeicherte ist.
Oder wird immer auf einem bestimmten Ellipsoiden (WGS84 ?)
Ja. Alle GPS-Messungen beziehen sich auf WGS84 und werden nur auf Kartendaten umgerechnet.
Wo sind die Daten gespeichert?
Gute Frage, ich tippe auf Firmware auf anderen Chips.
Und was mich ja völlig irritiert:
Völlig irritiert ? Du hast meine Erläuterungen noch nicht zu Ende gelesen ...
In Deutschland wird meines Wissens der mittlere Amsterdamer Pegel als NN definiert.
Da habe ich kurz gestutzt und meine Antwort schon korrigiert.
Erstmal ja.
ABER: prinzipiell könnten NN-Höhen auch an den Swinemünder Pegel angeschlossen werden. Höhen sind immer Höhen über einer Höhenbezugsfläche. Davon gibt es mehrere: Geoid-Quasigeoid1-Quasigeoid2-'NN-Fläche'-Ellipsoid1-Ellipsoid2. Diese theoretischen Bezugsflächen müssen praktisch an einen Höhenfestpunkt angeschlossen werden, z.B. den Amsterdamer Pegel (für die dummerweise genannten Ellipsoide muss ich nun hilfsweise deren Mittelpunkt heranziehen, sorry). Andere Länder machen das anders, vielleicht doch ein

Link LVermA NRW
UND: es wird von NN auf NHN=Normalhöhennull umgestellt. Gerade haben die Bürger NN inhaliert - schwupps- wird neu definiert. Andere Höhenbezugfläche= ein Quasigeoid, aber angeschlossen wieder am Amsterdamer Pegel. Unterschied auch so Zentimeter. Im Norden weniger als im Süden.
Wie komme ich denn nun von der Höhe über Geoid auf die Höhe über NN?
Also *flüster* Geoid ist fast NN. Die Differenzen (Differenzen! Denn die beiden Bezugsflächen sind ja keine parallelen Ebenen ) werden so ... Zentimeter? sein. Kann ich im Moment nicht belegen. Im Gebirge mehr.
Die Freizeit-GPS-Empfänger dagegen geben die Höhen kaum besser 10 m an.
Geodätische Empfänger liefern inzwischen Höhen aus GPS-Messungen auf Zentimeter.
Ist der Unterschied am Ende nur akademischer Natur?
ABER NEIN! FUNDAMENTAL-ESSENTIELL-KOSMISCH ! :D

So, nix geht mehr
Guts Nächtle

Doch:Link2

Roland
Zuletzt geändert von Roland am 17.04.2007 - 23:20, insgesamt 1-mal geändert.

DL1EKC

Beitrag von DL1EKC » 18.09.2005 - 18:26

Hallo Roland,

vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Ich hoffe, die Nacht war nicht zu kurz. Die beiden Links enthalten für mich wertvolle Informationen.

Ich fand noch einen Text vom Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, in dem steht, daß GPS-Empfänger nur die ellipsoidische Höhe ausgeben. Das scheint nur "halb" zu stimmen. Denn in einer Information von Alan Germany (jaja, Ihr mögt den Hersteller hier nicht) in deren Forum liefern die Chipsätze die ellipsoidische Höhe und werden dann von der herstellerspezifischen Firmware umgerechnet. Demnach könnte es bei der Höhenbestimmung Unterschiede zwischen verschiedenen GPS-Empfängern geben.

Dort findet sich auch noch ein Link auf einen Beitrag zum Thema.

Interessant ist die Umstellung von NN auf NHN. Für Otto-Normal-Bürger scheint sich die Änderung aber auf die Gewöhnung an den neuen Begriff zu beschränken. Glück gehabt. :lol:

Nun bleibt noch die Frage, ob wirklich alle Empfänger für die ganze Welt Geoidhöhen eingespeichert haben, oder ob die Korrektur faktisch nur in einem Zielgebiet richtig ist. Hoffe, das läßt sich noch ermitteln.

Schönen Nachwahlabend noch...

Marcus

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Beitrag von Roland » 18.09.2005 - 23:20

Hallo Marcus,

also ehe ich noch eine schlaflose Nacht verbringe - nein, nicht wegen des Wahlergebnisses- jetzt meine Antwort.

Angaben des BKG stimmen natürlich immer ganz.
Dort steht ja auch "das GPS" und meint das System, nicht den Empfänger. Also alle GPS-Messungen sind auf das WGS84 und somit auf das Ellipsoid bezogen.
NMEA soll Meeres-/Geoid-Höhen und den Unterschied Geoid-Ellipsoid ausgeben. Das machen scheinbar nicht alle Hersteller, einige Mäuse sollen lt. Forum auch Ellipsoid-Höhen ausgeben (wäre mir sogar plausibler, da es die Original-Messungen wären. Aber auf mich hört wieder keiner).
Deine Links haben auch mir nochmal nachgeholfen. Das mit 'Alan' war damals übrigens ein Missversändnis.

So, Roland, jetzt hinein in die Nesseln !
Wenn zwischen den Geoidextremen von -100m/+80 m (umgekehrt??) 180° Großkreisabstand lägen, hieße das doch 1m Geoidänderung /°.
Reichen mir 10m Genauigkeit, bräuchte ich nur Geoidwerte pro 10°.
Die Polregionen noch großzügig zusammengefaßt, käme ich mit 500-1000 Werten hin. Wäre das speichertechnisch ein Problem ?

Gute Nacht
Roland

DL1EKC

Beitrag von DL1EKC » 19.09.2005 - 12:04

Hallo Roland,
Angaben des BKG stimmen natürlich immer ganz.
Bingo! Man sollte wirklich genau lesen. Eigentlich hatte ich den Unterschied zwischen Ausgabe des GPS-Chipsatzes und Geräteanzeige ja schon selbst bemerkt. Manchmal sieht man den Wald vor lauter Lösungen nicht.

Danke für die Bestätigung bzgl. NMEA. Ich wurde sehr unsicher, da die Geoidhöhe von meinem Alan MAP500 korrekt im NMEA-Telegramm ausgegeben wird. Und in der Tat wäre es ja nun nicht wirklich kompliziert, die elliptische Höhe und die Geoidhöhe zu addieren.

Ich werde mich in der Sache mal mit Alan auseinandersetzen. Im Prinzip ist es egal, wie es gemacht wird, aber es muß einheitlich sein. Darum kreiert man ja Standards.

Was allerdings eine Tabelle mit den Geoidhöhen betrifft, bin ich mir nicht sicher, ob man das einfach so linear interpolieren kann. Über den Weltmeeren ist Deine Rechnung sicherlich völlig zutreffend. Über den Landmassen erwarte ich aber lokal stärkere Schwankungen. So sollte es doch z.B. beim Übergang in die Alpen eine recht "abrupte" Änderung der Geoidhöhe geben. Das gleiche könnte auch im Flachland passieren, wenn ich mich in Übergangsgebieten von einer Gesteinsart zu einer anderen bewege. Aber sind diese Änderungen für einfache Hobbyempfänger relevant?

Vielleicht sollte ich einfach mal verschiedene Hersteller fragen, wie die das machen.

Guten Start in die Woche ...

Marcus

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Beitrag von Roland » 19.09.2005 - 21:57

Hallo Marcus,

jetzt habe ich den 'GIBS'-Link des BKG doch tatsächlich mal benutzt.

Für vier Punkte an den äußersten Ecken D ergeben sich von NO beginnend im Uhrzeigersinn Geoidundulationen von 34-46-knapp 50-41 m. Das in einer Masche von 7-8°. Eine kleine Interpolationsfunktion im Chip fest verdrahtet: fertig ist die Korrektur. Oder nehmen wir gleich 41 m (Scherz).
Auf den Weltmeeren könnte man sich sogar jede Korrektur sparen und somit rd. 70% aller Werte. Halt! Das 'Loch' von -100 liegt südlich vor Indien im Ozean. So einfach ist es also nicht.
Zur Struktur des Geoids noch ein paar unzulängliche Bemerkungen. Du hast Recht, wenn Du von lokal relevanten Schwankungen ausgehst. Diese gehen in hochauflösende 'lokale' Geoidmodelle ein und ermöglichen die Zentimetergenauigkeit der Vermessungsempfänger. Das sind die ersten Geoid-Modelle der o.g. Seite. Aber das Geoid macht keine Sprünge. Dichteunterschiede führen zu Schwereanomalien und diese zu Änderungen des Geoidverlaufs. Hinter allem aber liegt ja die Masse der Erde und die wirkt ausgleichend. Das ist jetzt nicht so druckreif, liegt alles schon Jahre zurück und gerade in den letzten Tagen habe ich meine Geoidberechnungen wieder einmal schleifen lassen :oops:

Ob es einen Link zu den Empfängerlösungen gibt ?
N.B. : Was macht eigentlich die Quarzgenauigkeit ???

Grüße Roland

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Beitrag von Roland » 20.09.2005 - 19:45

Hallo Marcus,

einen Link von
Novatel
zur Geoid-Näherung konnte ich finden. Das binden die Firmen wohl nicht jedem auf die Nase. Danach wird ein 1°x3° -Gitter genommen entsprechend so um die 20.000 Werte.
Und die nehmen das OSU89B-Geoid. Habe einen anderen Link gefunden und bei 70 Modellen aufgehört zu zählen ...

Ins Garmin-Handbuch habe ich noch nicht geschaut.

Grüße Roland

DL1EKC

Beitrag von DL1EKC » 24.09.2005 - 17:11

Hi Roland,

nein, ich habe nicht das Interesse verloren, war aber einige Tage auf Dienstreise.

Ich bin sehr froh über unsere kleine Konversation. Das Thema Höhe bei GPS ergibt bei mir nun ein deutlich klareres Bild. Und die Info von Novatel ist ja mal ein Anhaltspunkt. Ob das alle Hersteller genau gleich machen, sei mal dahingestellt. Es wird zumindest vergleichbar sein. Da das zu den vergleichsweise wenigen applikationsspezifischen Punkten in GPS-Empfängern gehört, dürften die Hersteller da eher schweigsam sein.

Das Thema Höhe im NMEA-Telegramm beim Alan MAP 500 konnte ich noch nicht klären. Werde das zu gegebener Zeit aber berichten. Z.Z. bin ich noch in der Phase, dem Support das Problem verständlich zu machen. Dauert immer etwas, bis man zum 2nd Level Support durchgelassen wird. :(

Weiterhin viel Spaß mit der Ortung ...

Marcus

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Beitrag von Roland » 28.09.2005 - 20:00

Hallo Marcus,

hab' noch was. Eine Höhenbezugsfläche zum Anschaun.
Quasigeoid_D

Leider ist die Darstellung nicht ganz schlüssig, Isolinien sollten mit dem Fuß zum Tal stehen, links unten wäre eine 50 m - Kote hilfreich und die 46 m - Linie liegt in einer Senke. Aber ansonsten haben sich die Kollegen Mühe gegeben :D

Mich verwundert vor allem auf, wie steil MacPomm in die Ostsee 'abfällt'. Und wie sehr Norddeutschland ansteigt. Ich dachte, der Geoidverlauf in Nordeutschland sähe allgemein so ruhig aus wie über Schleswig-Holstein...

Die Folgeseiten habe ich nur überflogen ...

Grüße Roland

DL1EKC

Beitrag von DL1EKC » 28.09.2005 - 21:04

Hallo Roland,

super! Was Du so alles findest. Nun machen die Jungs schon wieder mit neuen Referenzellipsoiden und Quasigeoidmodellen rum. Und das alles, um dann festzustellen, daß sich Unterschiede von max. 2 mm ergeben. Na gut, irgendwie beruhigend :wink:

Ist aber mal eine sehr schöne und vor allem anschauliche Darstellung.

Ich bin derzeit damit beschäftigt, mich am 1st Level Support bei Alan vorbeizukämpfen. Eine harte Nuß für mich ...

Grüße aus Mönchengladbach mit seinen schicken 47 m Geoidundulation :lol:

Marcus

DL1EKC

Beitrag von DL1EKC » 24.10.2005 - 19:41

Hallo Roland,
Hallo GPS-Gemeinde,

ich wollte ja berichten, was aus meiner Anfrage bei Alan bzgl. der falschen Höhenangabe im NMEA-Telegramm des MAP500 wird:

Nun, nach ewigem Hin und Her wurde mir nun indirekt bestätigt, daß die Höhenangabe falsch ist (Höhe über Ellipsoid statt der geforderten Höhe über Geoid). Gleichzeitig sieht man sich aber "aus speichertechnischen Gründen" nicht in der Lage, das zu korrigieren. :?

Die Antwort halte ich für Unsinn, werde es aber dabei bewenden lassen, da das zu nichts führt. Wenn sie nicht wollen ...

Die Verwendbarkeit des Alan MAP500 und vermutl. auch des MAP600 schränkt dies natürlich ein.

Wer die Originaldiskussion lesen möchte:

http://alan-germany.de/forum/viewtopic.php?t=980

Gruß

Marcus

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